Vater Ananas und der verlorene Sohn Banane

Fast jeden Gegenstand kann Matthias Jungermann zum Leben erwecken. Besonders beliebt beim Publikum sind die Obst- und Gemüsenummern.
Foto: epd-bild/Wolfram Heidenreich
Fast jeden Gegenstand kann Matthias Jungermann zum Leben erwecken. Besonders beliebt beim Publikum sind die Obst- und Gemüsenummern.
Vater Ananas und der verlorene Sohn Banane
Puppenspieler "Radieschenfieber" spielt biblische Gleichnisse mit Obst und Gemüse
Wollknäuel, Bierdosen oder Meterstäbe: Fast jeden Gegenstand kann Figurenspieler Matthias Jungermann zum Leben erwecken. Und weil ihn der christliche Glaube seit seiner Konfirmation positiv durch das Leben begleitet, spiele er besonders gerne Gleichnisse aus der Bibel mit seinen Figuren nach.
04.01.2017
epd
Judith Kubitscheck

Die Bananenschale sinkt immer mehr in sich zusammen. "Ich fühle mich matschig, ich glaube, ich bin nur noch die Hülle von dem, was ich einmal war", sagt die Schale, die den "verlorenen Sohn" darstellen soll. Paprikas, die zur besonderen Art der Grünrüsselschweine gehören, grunzen und stürzen sich auf ein paar Trauben. Langsam schleppt sich die Bananenschale nach Hause. Ihr Vater, eine Ananas, empfängt sie und - zack, das Messer fährt herab - schlachtet vor lauter Freude eine Gurke.

So sieht das Gleichnis vom "verlorenen Sohn" aus, wenn es nicht mit Handpuppen, sondern mit Obst und Gemüse gespielt wird. "Die Ananas hat etwas Patriarchalisches, sie sieht aus wie ein Familienoberhaupt. Die Blätter erinnern an eine Krone, der Körper ist groß, stark, korpulent und unrasiert", erklärt Matthias Jungermann alias "Radieschenfieber" seinen fruchtigen Hauptdarsteller. "Die matschige Bananenschale zeigt besser als jedes andere Obst oder Gemüse den Zustand des verlorenen Sohnes, der sein Erbe verprasst hat", sagt Jungermann mit einem Grinsen im Gesicht. 

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Der 39-Jährige ist "Diplom-Figurenspieler" und war jahrelang Dozent für Animation und Puppenspieltechnik an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Außerdem bietet er für Laien Kurse im Klappmaulpuppenspiel an, das sind Handpuppen, die gerne in der Kinder- und Jugendarbeit verwendet werden. Dem Figurenspieler macht es besonders viel Spaß, mit Gegenständen zu spielen. Das nennt man Objektspiel.

Die Herausforderung dabei sei, für jede Geschichte die richtigen Gegenstände zu finden. Oft müsse man dabei auf sehr klischeehafte Dinge zurückgreifen. "Wenn ich eine Familie mit Getränkeflaschen darstelle, wäre der Vater beispielsweise die Bierflasche, die Mutter der Prosecco oder die Milchflasche und der jugendliche Sohn die Coca-Cola-Dose." Etwa Dreiviertel seiner rund 25 Stücke, die er im Repertoire hat, sind biblische Geschichten.

"Seit dem Jugendalter fasziniert mich das Puppenspiel, deshalb bin ich Figurenspieler geworden, und weil mich seit meiner Konfirmation der christliche Glaube positiv durch mein Leben begleitet, äußert sich das auch immer wieder in meinem Figurenspiel", sagt Jungermann. Außerdem stehe er damit in einer guten Tradition: Auch Jesus habe eine Art Objekttheater gemacht, um das Gesagte zu veranschaulichen, ist Jungermann überzeugt. "Wenn Jesus davon sprach, das Brot des Lebens oder der Weinstock zu sein, dann stand er sicherlich nicht nur steif da, sondern nahm vielleicht ein Brot in die Hand oder zeigte einen Weinstock mit seinen Reben."

Doch nicht nur biblische Gleichnisse gehören zu Jungermanns Programm. Er spielt auch moderne Gleichnisse, die bestimmte Lebenserfahrungen veranschaulichen sollen. So erzählt ein Zollstock von Lebensträumen und verwandelt sich durch Aufklappen beispielsweise in lange Haare, die sich viele wünschen, oder einen Tennisschläger, weil viele von mehr Sportlichkeit träumen. Zum Schluss wird er zu einer Bibel, die von Gottes Träumen für das menschliche Leben spricht. 

Die Darsteller werden anschließend gemeinsam verspeist

Viele Szenen sind dabei bewusst offengehalten und mehrdeutig: "Das Publikum kann in den Geschichten selbst entdecken, was für sie dabei ist." Die biblischen Gleichnisse selbst spielt Jungermann, ohne sie danach zu kommentieren: "Sie sind so kraftvoll, sie berühren die Menschen von ganz alleine."

Die Ananas hat fertig gefeiert, die Bananenschale hat neue Kleidung bekommen und wurde durch eine neue Banane ersetzt, das Publikum applaudiert. "Radieschenfieber" schält im Rekordtempo die Ananas und verteilt sie an die Menschen im Saal. Für ihn ist klar: Wenn er mit Obst und Gemüse spielt, dann werden seine Darsteller anschließend auch gemeinsam verspeist statt weggeworfen. "Insgesamt habe ich bei meinen Aufführungen wohl schon 800 Ananas geschält", erzählt der Figurenspieler lachend.