Friedenspreisträgerin Emcke sorgt sich um Europa

Friedenspreisträgerin Emcke sorgt sich um Europa
Die diesjährige Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels, Carolin Emcke, hat sich besorgt über den Zustand Europas geäußert. Noch mehr entsetzt als über die Erfolge populistischer Parteien sei sie über die "Verstümmelung der Zivilität im Umgang miteinander", sagte Emcke am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse.

Frankfurt a.M. (epd). Die 49-jährige Publizistin und Philosophin erhält am Sonntag in der Paulskirche den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels würdigt damit ihre Beiträge zum gesellschaftlichen Dialog und zum Frieden. Die Verleihung wird ab 10.45 Uhr live im Ersten übertragen.

Als Beispiel für die wachsende Aggressivität und Gewaltbereitschaft in Europa nannte Emcke die Situation in Großbritannien nach dem Brexit im Juni. Dort hätten die Übergriffe gegen Ausländer, Muslime, Schwarze und sexuelle Minderheiten dramatisch zugenommen. Auch in anderen Ländern der EU habe die Fraktion der "Schreihälse" und Hassprediger enormen Zulauf. Dagegen erlebe sie in der Mitte der Gesellschaft Verunsicherung und Einschüchterung.

Bibel als Begleiter

Die Friedenspreisträgerin rief dazu auf, Hassrednern zu widersprechen. Hilfreich sei auch die Mechanismen des Hasses und der Ausgrenzung zu beschreiben und deutlich zu machen, "dass man diese Mechanismen stoppen kann", so wie sie es in ihrem jüngsten Buch "Gegen den Hass" versucht habe.

Nach Überzeugung von Emcke kann die Religion zum gedeihlichen Miteinander beitragen. Egal wie groß die kulturellen oder wirtschaftlichen Unterschiede seien, "fromme Menschen, einerlei ob Christ oder Muslim, kommen gut miteinander aus". Sie selbst bezeichnete sich als "religiös musikalisch und metaphysisch gebettet". Biblische Texte seien für sie "ein Stück Weltliteratur und stete Begleiter".

Nächstes Ziel: Nordirak

Die Emcke arbeitete von 1998 bis 2006 beim Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und von 2007 bis 2014 als freie Autorin für die Wochenzeitung "Die Zeit". Seit Oktober 2014 schreibt sie für die Wochenendausgabe der "Süddeutschen Zeitung" eine wöchentliche Kolumne. Ab 1999 bereiste Emcke zahlreiche Krisenregionen und berichtete unter anderem aus dem Kosovo, Afghanistan, Pakistan, Irak, Haiti und dem Gaza-Streifen. Diese Reisetätigkeit wolle sie im kommenden Jahr wieder aufnehmen, sagte Emcke. Mögliches Ziel sei der Nordirak.

Neben Reportagen, Aufsätzen und Kolumnen veröffentlichte Emcke die Bücher "Von den Kriegen - Briefe an Freunde" (2004), "Stumme Gewalt" (2008), "Wie wir begehren" (2012) und "Weil es sagbar ist. Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit" (2013). Zur Buchmesse erschien "Gegen den Hass".