TV-Tipp: "Der Tote in der Mauer" (ZDF Neo)

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TV-Tipp: "Der Tote in der Mauer" (ZDF Neo)
29.9., ZDF Neo, 20.15 Uhr: "Der Tote in der Mauer"
Die Krimis des mehrfachen Grimme-Preisträgers Holger Karsten Schmidt ("Mörder auf Amrum") spielen gern auf dem Dorf: Wenn hier ein Verbrechen geschieht, ist jeder betroffen; so oder so. Und wenn die Hierarchien im Mikrokosmos in Bewegung geraten, hat das Auswirkungen von ganz oben bis nach ganz unten. In diesem Film mit dem schlichten Titel "Der Tote in der Mauer" sorgt eine Entdeckung für Turbulenzen, die einer jungen Polizistin am Ende einen unvermuteten Karriereschub ermöglichen.

Der Krimi beginnt mit der obligaten Leiche. Beim Titeltoten handelt es sich um einen Mann, der vor 16 Jahren verdächtigt wurde, einen kleinen Jungen namens Tim ermordet zu haben. Der Mann war entsprechend vorbestraft und wurde angeklagt, aber freigesprochen. Sein Tod war grausam: Er wurde bei lebendigem Leib mit Zement übergossen. Da eine damals nicht mögliche DNS-Analyse nunmehr seine Unschuld beweist, hat Kommissar Dudek (Michael Mendl), Leiter des örtlichen Reviers, gleich zwei Fälle: Er muss den Mörder des Toten aus der Mauer finden; und der Fall Tim ist immer noch nicht gelöst.

Ein durchschnittlicher Krimiautor wäre mit diesem Handlungsgrundriss völlig zufrieden, aber Schmidt setzt noch eins auf: Dudek steht unmittelbar vor seiner Pensionierung, er muss seinem jungen Nachfolger Klaus Wendt (Frank Giering) bloß noch die Amtsgeschäfte übergeben. Weil sich die Männer aufgrund dieser Konstellation ohnehin nicht grün sind, entwickeln beide eine fixe Idee: Wendt entdeckt, dass Dudek damals ein Verhältnis mit Tims Mutter hatte. Da der ältere Kollege den vermeintlichen Kindsmörder im Gerichtssaal heftig attackiert hat, hält Wendt ihn für Tims Vater; und für den Mörder von Tims Mörder. Dudek wiederum findet raus, dass Wendt vor vielen Jahren als Trainer von einem Fußballclub gefeuert wurde, weil er sich angeblich einem kleinen Jungen unsittlich genähert hat. Außerdem haben Kinder kurz vor Tims Ermordung ein silbernes Auto im Dorf gesehen, an dessen Rückspiegel ein Yin-und-Yang-Anhänger hing. Wendt fuhr damals so ein Auto, und den Anhänger hat er immer noch.

Der Schweizer Markus Imboden hat schon mehrere Drehbücher Schmidts inszeniert ("Der Mörder ist unter uns", "Mörderische Erpressung"). Beiden gemeinsam ist die Vorliebe, nicht viel Worte zu machen. Entsprechend lakonisch und nicht ohne Ironie setzt Imboden das Katz-und-Maus-Spiel der beiden Kommissare in Szene. Katalysiert wird ihr Verhältnis durch die Dritte im Bunde: Polizistin Simone (Anna Maria Mühe) ist in ihrer Loyalität zwischen den beiden Vorgesetzen hin und her gerissen. Die wiederum ziehen erst dann an einem Strang, als ein Gerichtsmediziner sie gemeinsam über einen jeweils in Auftrag gegebenen DNS-Test informiert. Beide sind negativ: Der eine hatte Haare des anderen eingereicht, der andere ein Weinglas. Praktischerweise ergibt sich ein Verdacht, auf den sich beide einigen können: Der menschenscheue Ralf (Devid Striesow) war mit dem wesentlich jüngeren Tim eng befreundet. Es gibt sogar eindeutige Belege dafür, dass er am Tatort war. Trotzdem entpuppt sich das Indiz als völlig wertlos; und das ist längst nicht die letzte verblüffende Wendung in diesem optisch unspektakulären, aber klug konstruierten und vorzüglich gespielten Krimi.