TV-Tipp: "Tatort: Feierstunde" (ARD)

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TV-Tipp: "Tatort: Feierstunde" (ARD)
25.9., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Feierstunde"
Manchmal sind es die Erwartungen, die verhindern, dass eine Geschichte ihr ganzes Potenzial entfalten kann: Weil der "Tatort" aus Münster in die TV-Kategorie "Schmunzelkrimi" gehört, wirkt "Feierstunde", der dreißigste Fall für das Duo Thiel und Boerne, seltsam saft- und kraftlos.

Dabei schreit die Handlung geradezu danach, als Thriller erzählt zu werden: Wissenschaftler Harald Götz (Peter Jordan) wird nach dem Suizid seiner Frau derart aus der Bahn geworfen, dass er endlich bereit ist, seine langgehegten Rachefantasien Wirklichkeit werden zu lassen. Sein Ziel ist niemand anders als Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers), der endlich für seine Arroganz bezahlen soll. Der Neurologe Götz erwischt den Rechtsmediziner bei Feierlichkeiten in einem Lokal: Boerne sind soeben Forschungsgelder in Millionenhöhe bewilligt worden; Götz hingegen, der seit Jahren nach einem Heilmittel für seine an der Nervenkrankheit ALS erkrankten Gattin sucht, ist leer ausgegangen. Er hat eins der gereichten Häppchen mit Gift versetzt und weidet sich nun an der Angst der Universitätskollegen, die er im Glauben lässt, es handele sich um ein Virus. Symptome zeigen allerdings gleich zwei Gäste, darunter auch Boerne, der nach und nach die Kontrolle über seinen Körper verliert.

Unter anderen Rahmenbedingungen hätte aus dieser Geschichte ein Hochspannungskrimi werden können. Lars Jessen jedoch, dank romantischer Komödien wie "Fischer sucht Frau" und seiner Beiträge zu Serien wie "Rentnercops" oder "Mord mit Aussicht" eher ein Regisseur für heitere Stoffe, inszeniert "Feierstunde" ausgesprochen beschaulich. Nervenkitzel kommt nicht einen Moment lang auf, das Tempo ist sehr überschaubar. Typische Spannungsverstärker wie ein flotter Schnitt, eine interessante Bildgestaltung oder die Untermalung durch eine entsprechende Musik bleiben völlig ungenutzt. Selbst die theoretisch fieberhafte Suche nach Gift und Gegengift läuft in Jessens Umsetzung eher gemütlich ab. Völlig verschenkt ist auch eine Idee, die die Geiselsituation um eine Psychoebene ergänzt hätte: Götz fordert die Teilnehmer der Feier auf, Boernes Leiden zu beenden, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen, und stürzt sie damit in ein moralisches Dilemma, das ebenfalls viel zu kurz kommt.

Ein ähnliches Problem sind Auswahl und Führung der Darsteller: Natürlich ist der rachsüchtige Wissenschaftler völlig neben der Spur, aber das irre Lachen, mit dem der ohnehin zu laute Peter Jordan den laut Hauptkommissar Thiel (Axel Prahl) "mordlüsternen Irren" versieht, ist allzu klischeehaft. Größeres Manko ist jedoch die böse Frau, die im Hintergrund die Fäden zieht: Ausgerechnet die Therapeutin des Forschers entpuppt sich als treibende Kraft der Aktion. Eine Psychologin, die selbst unter einer psychischen Störung leidet, ist zwar alles andere als originell, zumal die Motive für ihren Hass auf Boerne völlig im Unklaren bleiben, aber dass die Figur nicht funktioniert, liegt auch an Theaterschauspielerin Oda Thormeyer, die der Schurkin bei weitem nicht genug Charisma mitgibt.

Und so ist "Feierstunde" unterm Strich nicht Fisch, nicht Fleisch: Die Dialogduelle zwischen den beiden Hauptfiguren, denen der "Tatort" aus Münster seine enorme Beliebtheit verdankt, gibt es erst im Epilog. Selbst zur kleinwüchsigen Assistentin Alberich (ChrisTine Urspruch) ist Boerne richtig lieb. Den größten Teil des Films kann er allerdings wegen des Gifts ohnehin nichts mehr sagen.