TV-Tipp: "Der Kroatien-Krimi: Tod einer Legende" (ARD)

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TV-Tipp: "Der Kroatien-Krimi: Tod einer Legende" (ARD)
22.9., ARD, 20.15 Uhr: "Der Kroatien-Krimi: Tod einer Legende"
Die Handlung beginnt mit einem Selbstmord: Goran Trević, vor zwanzig Jahren eine der größten Hoffnungen des kroatischen Fußballs, schießt sich vor den Augen seiner entsetzten Frau (Nadeshda Brennicke) eine Kugel in den Kopf. Als die Polizei am Tatort eintrifft, hat irgendjemand den Suizid als Mord inszeniert.

Anders als etwa "Der Zürich-Krimi" oder "Der Bozen-Krimi" haben die Schöpfer des "Kroatien-Krimis" auf eine horizontale Handlung verzichtet. Die anderen Filmen erzählten jeweils zwei Fälle: Eine Ebene war in sich abgeschlossen, die zweite, in die die Hauptfigur direkt verwickelt war, wurde fortgesetzt. In den beiden Split-Filmen beschränkt sich der Fortsetzungs-Charakter auf die Überzeugung von Heldin Branka, dass ihr angeblich im Bürgerkrieg gefallener Bruder noch lebt. Im ersten Film hatte er ihr das Leben gerettet, um anschließend wieder spurlos zu verschwinden, im zweiten findet sie raus, dass er hin und wieder heimlich die Wohnung seiner Mutter besucht. Davon abgesehen erzählt "Tod einer Legende" eine völlig eigenständige Geschichte, die zudem kaum noch konkrete Bezüge zur Historie des Landes hat. Sehenswert ist der Film dennoch: weil Christoph Darnstädt erneut einen raffinierten Krimi konstruiert hat; und weil es auch diesmal wieder eine Freude ist, Hauptdarstellerin Neda Rahmanian zuzuschauen.

Die Handlung beginnt mit einem Selbstmord: Goran Trević, vor zwanzig Jahren eine der größten Hoffnungen des kroatischen Fußballs, schießt sich vor den Augen seiner entsetzten Frau (Nadeshda Brennicke) eine Kugel in den Kopf. Als die Polizei am Tatort eintrifft, hat irgendjemand den Suizid als Mord inszeniert. Der Filmtitel bezieht sich jedoch nicht auf Goran, sondern auf seinen Vater Dragan (Miroslav Nemec): Der Vereinsboss von Hajduk Split hatte maßgeblichen Anteil an der Renaissance des kroatischen Fußballs. Kurz nach dem Freitod seines Sohnes wird auch er erschossen aufgefunden. Diesmal sieht es aus wie Selbstmord. Bauchgefühl und Nase sagen Branka Marić allerdings, dass sich beide Todesfälle in Wirklichkeit anders zugetragen haben. Weil sie gegen die ausdrückliche Anweisung von Polizeichef Bilić (Juraj Kukura), zufällig ein guter Freund von Dragan Trević, weiterermittelt, droht ihr die Suspendierung, wenn sie nicht umgehend handfeste Beweise liefern kann.

Ähnlich wie im ersten Film bedient sich Darnstädt eines cleveren Kniffs, um sich vom üblichen Krimimuster abzuheben: In "Der Teufel von Split" nutzte der Täter einen zufällig begangenen Raubmord, um seine eigene Tat als Kriegsrache zu kaschieren. Diesmal konterkariert der Autor die beliebte Idee, einen Mord wie Suizid aussehen zu lassen; und setzt mit der zweiten Tat noch eins drauf. Seine hintergründige Spannung bezieht der Film dennoch fast weniger aus der üblichen "Whodunit?"-Frage; viel interessanter sind die Motive für die beiden Taten und ihre Inszenierungen. Als die Ermittler auf dem Telefon des Ex-Kickers, dessen Karriere durch den Krieg ein jähes Ende genommen hat, Fotos kleiner Mädchen finden, glauben Marić und ihr Team (Lenn Kudrjawizki, Kasem Hoxha), der depressive Goran sei pädophil gewesen, zumal er seit vielen Jahren Psychopharmaka eingenommen hat, die den Sexualtrieb unterdrücken. Die Wahrheit ist jedoch viel grausamer, und der Film wandelt sich vom Krimi zur Tragödie. Für zusätzliche Spannung sorgt die Frage, auf wessen Seite der Kollege Vucević (Hoxha) steht, der als Bilićs Maulwurf agiert.

Kroatien-Filme sind Bereicherung für Krimi-Donnerstag 

Erneut ist die Umsetzung durch Michael Kreindl sorgfältig, aber eher unauffällig. In der bildgestalterisch ungewöhnlichsten Szene schwenkt die Kamera (Stefan Spreer) aufs Stichwort nacheinander alle beteiligten Personen ab. Schöne Bilder liefern auch Brankas Autofahrten im sportlichen roten Cabrio durchs dalmatinische Hinterland. Sehenswert ist "Tod einer Legende" daher vor allem wegen der Geschichte, die im positiven Sinn noch undurchsichtiger ist als die Handlung des ersten Films; und erneut wegen Neda Rahmanian. In "Der Teufel von Split" hatte es Branka praktisch nur mit Männern zu tun; diesmal sind die intensivsten Szenen die Gespräche mit der untröstlichen Witwe, zumal Nadeshda Brennicke mit ihrer ätherischen Spielweise eine gute Antagonistin für die viel Selbstbewusstsein ausstrahlende Kommissarin ist. Deren Rolle ist ohnehin ein Traum, denn Rahmanian darf ein breites Spektrum ausleben: Einerseits bietet sie dem Polizeichef ohne Rücksicht auf ihre Karriere die Stirn, andererseits vermisst sie ihren Freund, den deutschen Piloten Kai (Andreas Guenther), der nur alle Jubeljahre mal vorbeifliegt, und tröstet sich in der Zwischenzeit mit dem zwar leicht zwielichtigen Lado (Aleksandar Jovanovic), der aber ein begnadeter Koch ist und eine traumhafte Segelyacht besitzt.

Die Filme aus Kroatien sind also in jedem Fall eine Bereicherung für den Krimi-Donnerstag im "Ersten", aber das waren die nicht fortgesetzten "Urbino-Krimis" auch. Außerdem müssen die Zuschauer das mutig zusammengestellte Multikulti-Ensemble akzeptieren: Die überwiegende Mehrheit der Darsteller hat einen Migrationshintergrund. Gerade das macht zwar einen großen Reiz des Zweiteilers aus, birgt aber auch ein gewisses Risiko, zumal außer den Episodengästen kein Schauspieler Star-Status hat. Zumindest bei Neda Rahmanian sollte sich das allerdings schleunigst ändern.