EKD-Kirchenrat: Kein christlich-muslimischer Konflikt in der Türkei

EKD-Kirchenrat: Kein christlich-muslimischer Konflikt in der Türkei
Christen in der Türkei stehen nach Aussage von Oberkirchenrat Martin Pühn unterschiedlich stark unter Druck. Im Interview mit dem christlichen Magazin "pro" sagte Pühn, man müsse differenzieren und die Lage weiterhin beobachten.

Martin Pühn ist im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für die Betreuung der beiden EKD-Auslandgemeinden in Istanbul und Antalya/Alanya zuständig. Zurzeit gebe es von dort "keine besorgniserregenden Rückmeldungen". In Alanya habe er sich selbst im April davon überzeugt, dass die Situation "entspannt" sei, sagte Kühn im Interview mit dem Magazin "pro", auch wenn Veranstaltungen von der Polizei geschützt würden. Mit der deutschen Pfarrerin in Istanbul stehe er "ganz normal in Kontakt", Medien sollten sie aber momentan nicht drängen, sich zur politischen Situation zu äußern. Die Politik Erdogans richte sich gegen die Gülen-Bewegung, sagte Pühn. "Wir haben es daher nicht mit einem christlich-muslimischen Konflikt zu tun."

Betrachte man die Situation von Christen in der Türkei allgemein, müsse man differenzieren: Syrisch-orthodoxe Christen in der Kurdenregion im Südosten der Türkei würden "unter dem neu aufflammenden Konflikt zwischen dem Staat und den Kurden sehr stark leiden" und hätten die Region zum Teil verlassen. Es gebe religiöse Minderheiten, die vom Staat offiziell anerkannt würden, dazu gehörten Armenier, Bulgaren, Griechen und Juden. Nicht anerkannt würden die syrisch-orthodoxe Kirche, die katholische Kirche und die protestantischen Gemeinden. Sie hätten nicht den Status von Rechtspersönlichkeiten und stießen dadurch im Alltag auf praktische Probleme. Wirklich "in besonderer Weise gefährdet", "bedrängt und verfolgt" würden allerdings Christen, die vom Islam zum Christentum konvertiert seien, sowie "Mitglieder von protestantischen Freikirchen, etwa die Baptisten oder Pfingstgemeinden", sagte Pühn. Sie stünden in der Türkei stark unter Druck.

Der Oberkirchenrat vermutet, dass in der Türkei "die Tendenz der Islamisierung weiter fortschreitet". Messlatten dafür könnten sein, ob Christen weiterhin vom islamischen Religionsunterricht befreit blieben und  ob sie ihre Immobilien behalten dürften. "Sollten diese Freiheiten wieder zurückgenommen werden, wären das sehr starke Indikatoren für eine Islamisierung", sagte Pühn. Wer den Christen in der Türkei helfen wolle, könne vor allem für sie beten.