EKD: Sicherheitspolitik zu einseitig auf Militär ausgerichtet

Soldaten sind mit dem ISAF-Logo der NATO als Aufnäher auf Flecktarn am 01.04.2011 zum Rückkehrerappell der Bundeswehr in der Clausewitz-Kaserne in Burg angetreten.
Foto: dpa/Jens Wolf
Bundeswehrsoldaten beim Rückkehrerappell in der Clausewitz-Kaserne in Burg.
EKD: Sicherheitspolitik zu einseitig auf Militär ausgerichtet
Das Mitte Juli vorgestellte "Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr" legt nach Ansicht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) einen zu starken Akzent auf das Militärische.

Es entstehe der Eindruck, "dass im Zweifelsfall die Bundeswehr das vorrangige Instrument deutscher Sicherheitspolitik sei", erklärten der evangelische Militärbischof Sigurd Rink und der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms am Mittwoch in Hannover. Nichtmilitärische Instrumente würden nicht in gleicher Weise in den Blick genommen.

Das Kabinett hatte am 13. Juli in Berlin das von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgelegte "Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr" beschlossen. In dem Grundsatzdokument spiegelt sich die Wende in der deutschen Sicherheitspolitik wider, die Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 eingeleitet hatten. Deutschland will angesichts seiner wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bedeutung häufiger eine Führungsrolle übernehmen, um die globale Ordnung aktiv mitzugestalten.

Nach den Prinzipien evangelischer Friedensethik sei der "Gerechte Friede" als Zusammenhang von Frieden und Recht, Gerechtigkeit und Sicherheit der entscheidende und orientierende Grundbegriff der Sicherheitspolitik, fügen Rink und Brahms hinzu. Auffällig sei, dass der Leitbegriff des Friedens im Weißbuch weitgehend fehle. Stattdessen dominierten die Begriffe von "Bedrohung", "Sicherheit" und "Resilienz". Es sei zu fragen, "ob Sicherheitspolitik ohne die orientierende Kraft einer positiven Vision wie derjenigen des Gerechten Friedens überhaupt möglich ist."

Grundsätzlich sei die "Breite der Analyse und die Weite des Horizonts" in dem Weißbuch zwar "beeindruckend und zukunftsweisend", räumen Brahms und Rink ein. Das Weißbuch nenne menschliche Sicherheit und Entwicklung als prioritäre Ziele des politischen Handelns. Krisenfrüherkennung, Konfliktprävention und zivile Konflikttransformation seien vorrangige Instrumente dieser Politik. Doch seinem eigenen Orientierungsrahmen zuwider konzentriere sich das Weißbuch dann "allerdings ganz auf den Beitrag der Bundeswehr".

Der Einsatz militärischer Gewalt sei immer "ein Zeichen des Versagens politischen Handelns. Im Weißbuch fehlt aber die deutliche Aussage, dass die Androhung und Ausübung militärischer Gewalt immer nur äußerste Möglichkeit sein kann." Es fehlten klare Kriterien, "wann und in welchen Fällen die Androhung und Anwendung militärischer Gewalt als ultima ratio gerechtfertigt ist." Rink und Brahms: "Wir brauchen in Deutschland eine breite, über die sicherheitspolitischen Eliten hinausreichende Debatte über zukunftsweisende politische Antworten auf die Fragen von Frieden und Sicherheit."