Patientenwunsch rechtfertigt keine Fehlbehandlung

Patientenwunsch rechtfertigt keine Fehlbehandlung
Ein Arzt muss eine vom Patienten gewünschte Behandlung ablehnen, wenn diese gegen medizinische Standards verstößt. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Hamm, Herne (epd). Auch eine umfassende Aufklärung über mögliche Folgen rechtfertige keine Fehlbehandlung, erklärte das Oberlandesgericht Hamm in einer am Montag veröffentlichten Begründung. Damit bestätigte das Gericht die Verurteilung eines Zahnarztes aus Herne durch das Landgericht Bochum zu Zahlungen an eine Patientin. (AZ: 26 U 116/14)

In dem Fall hatte eine heute 50-Jährige aus Herne ihren Zahnarzt auf Schadensersatz und Rückzahlung des Zahnarzthonorars verklagt. Die Frau war von 2008 bis 2010 wegen Problemen mit Kronen und einer Sanierung der Frontzähne bei dem Arzt in Behandlung. Dieser ließ sich nach Gerichtsangaben durch die Patientin von einer fachgerechten Therapie abbringen, obwohl er bei der Frau in ihrer Funktion gestörte Kiefergelenke diagnostizierte - mit der Folge, dass sich bei der Frau eine zu niedrige Bisshöhe und eine Kompression der Kiefergelenke einstellte.

Gericht: Arzt hätte Wunsch ablehnen müssen

Daraufhin verlangte die Frau Schadensersatz vom Zahnarzt, Haushaltsführungsschaden sowie die Rückerstattung des Zahnarzthonorars in einer Größenordnung von insgesamt rund 36.000 Euro. Die Patientin habe Anspruch auf Schadensersatz und Erstattung des Zahnarzthonorars, urteilte das Oberlandesgericht. Die Leistung des Beklagten sei insgesamt unbrauchbar gewesen und könne bei der künftigen zahnärztlichen Behandlung der Klägerin keine Verwendung finden. Die Ermittlung der konkreten Schadenshöhe wird in einem gesonderten Betragsverfahren festgestellt.

Auch wenn die Frau ausdrücklich eine vorgezogene Frontzahnsanierung verlangt habe, hätte sich der Arzt nicht von medizinischen Vorgaben abbringen lassen dürfen. Die gewünschte Behandlung ohne notwendige vorhergehende Schienentherapie verstoße gegen medizinische Standards und hätte vom Arzt abgelehnt werden müssen, betonte das Gericht. Auch eine eingehende ärztliche Belehrung über die möglichen Behandlungsfolgen legitimiere kein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen.