Hilfsorganisationen kritisieren EU-Vorschläge zur "Migrationsabwehr"

Hilfsorganisationen kritisieren EU-Vorschläge zur "Migrationsabwehr"
Menschenrechts- und Hilfsorganisationen haben den Vorschlag der EU-Kommission zu "Migrationspartnerschaften" mit Drittstaaten scharf kritisiert.

Bonn (epd). Vor dem EU-Gipfel am kommenden Dienstag und Mittwoch in Brüssel appellierten sie an die EU-Staats- und Regierungschefs, den Plänen zur "Migrationsabwehr" nicht zuzustimmen. "Pflichten und Verantwortlichkeit zur Wahrung der Menschenrechte enden nicht an Europas Grenzen", heißt es in einer am Montag in Bonn veröffentlichten gemeinsamen Erklärung von 104 Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International, Care, Human Rights Watch, Pax Christi International, Oxfam, terre des hommes und World Vision.

Glaubwürdigkeit gefährdet

Die EU-Kommission hatte Anfang des Monats Pläne vorgestellt, wonach nach dem Vorbild des Abkommens mit der Türkei zunächst mit mehreren afrikanischen Ländern Verträge zur Rücknahme von Flüchtlingen geschlossen werden sollen. Außerdem sollen sie ihre Grenzen besser sichern und gegen Schleuser vorgehen. Kooperationsbereite Länder sollen mit Finanzhilfen und Investitionen belohnt werden, wofür die Kommission bis 2030 acht Milliarden Euro bereitstellen will.

Die Hilfsorganisationen werfen der EU vor, mit diesem Vorhaben die Glaubwürdigkeit der europäischen Menschenrechtspolitik zu untergraben und das Recht auf Asyl zu beschädigen. Der Plan beinhalte keine Vorkehrungen, die Menschenrechte, rechtsstaatliche Standards und Schutzmaßnahmen in den Kooperationsländern gewährleisteten. Das Abkommen mit der Türkei habe bereits dazu geführt, dass Tausende Menschen unter entwürdigenden und menschenverachtenden Bedingungen in Griechenland festsäßen, hieß es. "Kinder sind besonders hart betroffen: Viele Hundert unbegleitete Minderjährige werden in haftähnlichen Einrichtungen festgehalten oder müssen in Polizeizellen schlafen."

Migration gestalten

Eine solche Abschreckungspolitik werde Migration nicht stoppen, sondern nur verlagern, warnen die NGOs. Damit werde das Geschäftsmodell der Schleuser nicht zerschlagen, aber das Leid schutzsuchender Menschen vergrößert, die gezwungen seien, noch gefährlichere Routen nach Europa zu nehmen. Die Menschenrechtler fordern die EU-Mitgliedsstaaten auf, stattdessen eine nachhaltige und langfristig angelegte Strategie zur Gestaltung der Migration nach Europa zu entwickeln.

Äußerst besorgt äußerten sich die Hilfsorganisationen darüber, dass der Plan der EU-Kommission offenbar eine Neuorientierung bei der Verwendung von Entwicklungshilfemitteln einleite, wenn diese künftig dafür eingesetzt werden sollen, Migration zu stoppen. "Dies widerspricht auf inakzeptable Weise dem Bekenntnis der EU, dass Entwicklungszusammenarbeit das Ziel verfolgt, Armut zu überwinden", heißt es dazu in der Erklärung.