Handwerk und Kirchen in Thüringen: Integration ist "humanitäre Aufgabe"

Handwerk und Kirchen in Thüringen: Integration ist "humanitäre Aufgabe"
Zu einer nachhaltigen Integration von Flüchtlingen haben die beiden großen Kirchen und das Handwerk in Thüringen in einer gemeinsamen Erklärung aufgerufen.

Erforderlich sei dafür eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft und der Flüchtlinge selbst, heißt es in einem dazu am Montag in Erfurt veröffentlichten Papier. Kirchen und Handwerk wollten zu dieser "gesellschaftlichen Querschnittsaufgabe ihren Beitrag leisten".

Die Erklärung steht unter dem Motto "Vertraut den neuen Wegen". Sie wurde von der Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann, dem katholischen Bischof von Erfurt, Ulrich Neymeyr, sowie dem Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Handwerkskammern, Stefan Lobenstein, unterschrieben.

"Errungenschaften des Friedensprojektes Europa durch Populisten und Extremisten bedroht"

25 Jahre nach der "Überwindung der Diktatur und der Spaltung Europas" sehen die Thüringer Vertreter von Kirchen und Handwerk "die freiheitlichen, sozialen, ökonomischen und moralischen Errungenschaften des Friedensprojektes Europa durch Populisten und Extremisten bedroht". Die europäische Solidarität schwinde, die Achtung vor dem Rechtsstaat und der gesellschaftliche Zusammenhalt würden an Gewicht verlieren. "Es ist deshalb unsere gemeinsame Aufgabe, uns für ein friedliches, gerechtes und soziales Zusammenleben aller Menschen einzusetzen", heißt es in dem Papier.

Das Thema Flucht und Migration dürfe nicht dazu missbraucht werden, diffuse Ängste und Befürchtungen in der Bevölkerung zu schüren, so wie es derzeit Populisten und Extremisten versuchten, warnen die Unterzeichner der Erklärung. "Die Integration geflüchteter Menschen ist und bleibt zuerst eine humanitäre Aufgabe. Sie bietet auch Chancen für die hiesige Gesellschaft."

Investitionsprogramm gefordert

In den vergangenen Monaten habe es bereits viele Zeichen der Mitmenschlichkeit gegeben. Es müssten nun für die Zukunft Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Integration der Geflüchteten gut bewältigen zu können. Dazu gehöre unter anderem ein Investitionsprogramm für den Bau neuer Wohnungen. Anerkennungsverfahren für Abschlüsse und Qualifikationen müssten dringend beschleunigt und entbürokratisiert werden.

Von den Flüchtlingen fordern die Vertreter der Kirchen und des Handwerks die Bereitschaft, "unsere Sprache zu erlernen und den Willen, sich in die hiesige Arbeitswelt zu integrieren. Nur wenn beide Seiten bereit sind, sich einander anzunehmen, ist eine nachhaltige Integration und ein friedliches Miteinander möglich", so die Erklärung wörtlich.

Das Motto der gemeinsamen Erklärung nimmt den Titel eines Kirchenliedes auf. "Vertraut den neuen Wegen" stammt aus der Feder des im vergangenen Herbst verstorbenen Jenaer Theologen Klaus-Peter Hertzsch. 1989 für eine Hochzeit komponiert, erfreut sich das Lied nicht zuletzt wegen seiner Aufnahme in das Evangelische Gesangsbuch großer Beliebtheit.