EU plant neue Regeln für Fernsehen und Internet

EU plant neue Regeln für Fernsehen und Internet
Wo früher geguckt wurde, was im Programm stand, ist heute individuelle Auswahl möglich: Das klassische Fernsehen ist schon lang nicht mehr die einzige Quelle für Filme und andere Sendungen. Die EU will deshalb die Gesetzgebung reformieren.

Brüssel (epd). Mit einer großangelegten Reform will die EU-Kommission die Regeln für Fernsehen und Internet modernisieren. So sollen zum Beispiel die stündliche Begrenzung der Werbezeit und die Vorgaben für Produktplatzierung gelockert werden, wie aus den am Mittwoch in Brüssel vorgelegten Gesetzesvorschlägen hervorgeht.

"Die Art, wie wir fernsehen oder Videos anschauen, mag sich verändert haben, nicht jedoch unsere Werte", erklärte der für digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger. "Mit diesen neuen Vorschriften werden wir den Medienpluralismus sowie die Unabhängigkeit der für audiovisuelle Medien zuständigen Regulierungsstellen wahren und sicherstellen, dass auf Videoplattformen für die Aufstachelung zum Hass kein Platz ist."

Mehr Werbung pro Stunde möglich

Konkret will die Kommission im Fernsehen mehr Werbung pro Stunde erlauben. Derzeit sind es höchstens zwölf Minuten pro Stunde, diese Beschränkung soll fallen. Argument der EU-Kommission: Die Zuschauer könnten heutzutage auf werbefreie Online-Angebote umsteigen. Auf den gesamten Tag von sieben Uhr morgens bis elf Uhr abends gerechnet soll ohnehin das Maximum von 20 Prozent Werbung bestehen bleiben. Zudem dürften Nachrichten und Filme nicht öfter als alle 20 Minuten für Reklame unterbrochen werden.

Produktplatzierung, also zum Beispiel das In-Szene-Setzen von Markenprodukten in Spielfilmen, soll grundsätzlich einfacher werden, die EU-Kommission spricht von "größerer Flexibilität". Zugleich müssten die Zuschauer aber am Anfang oder Ende des Programms darüber aufgeklärt werden. In Kinderprogrammen soll Produktplatzierung verboten bleiben.

Ebenfalls um Kinder drehen sich viele Regeln für die Online-Welt. Hintergrund: Minderjährige sehen nach Informationen der EU-Kommission zwar weniger fern als Erwachsene, schauen sich im Gegenzug aber verstärkt Videos im Internet an. Der Schutz vor jugendgefährdenden Inhalten soll hier über Mechanismen zur Altersbeschränkung, Kontrollsysteme für Eltern und Mechanismen zur Meldung von Gewalt oder Pornografie gestärkt werden.

Kommission will Europas Kultur fördern

Die Vorschläge drehen sich auch um die Aufsichtsbehörden für Medien. Für sie will die EU-Kommission eine größere Unabhängigkeit von Unternehmen und von der Politik erreichen. Würden die Pläne verwirklicht, "dann ist die derzeitige Rechtslage und die derzeitige Praxis in einigen Mitgliedstaaten kritisch zu würdigen und nicht vereinbar mit unserem Vorschlag", sagte Oettinger. Dies konnte als Anspielung unter anderem auf die Lage in Polen verstanden werden.

Europas Kultur soll gefördert werden durch die Vorgabe, dass Videoabrufanbieter in ihrem Sortiment mindestens 20 Prozent europäische Werke vorhalten. Netflix und iTunes erfüllten diese Quote laut EU-Kommission mit je 21 Prozent bei Filmen bereits jetzt. In manchen EU-Staaten bestünden darüber hinaus nationale Quoten, die bis zu 60 Prozent des Angebots für nationale oder europäische Werke vorsähen. Netflix erklärte dazu am Mittwoch, es schätze das Ziel der EU-Kommission, dass die Produktion europäischer Werke gedeihe. "Jedoch werden die vorgeschlagenen Maßnahmen das nicht erreichen", urteilte das Unternehmen, ohne dies näher auszuführen.

Die Vorschläge gehen nun an das Europaparlament und den EU-Ministerrat. Diese können sie verändern. Wenn die Pläne am Ende angenommen werden, müssen sie noch in nationales Recht umgesetzt werden.