Kirchenkreis forscht nach früheren Missbrauchsfällen in Rinteln

Missbrauchsfall im Pfarrhaus
Foto: Getty Images/iStockphoto/Ales-A
In diesem Missbrauchsfall erinnert sich der Betroffene daran, ins Pfarramt bestellt worden zu sein, wo dann der "körperliche Übergriff" geschah.
Kirchenkreis forscht nach früheren Missbrauchsfällen in Rinteln
Vor rund neun Monaten meldete sich ein etwa 65-Jähriger Mann im Vorfeld der Goldenen Konfirmation beim Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg und berichtete, er sei 1965 als Konfirmand von dem 1990 gestorbenen Superintendenten Kurt Eckels missbraucht worden.

Nach mehreren Gesprächen mit dem Betroffenen verschickte der evangelische Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg in der vergangenen Woche mehr als 300 Briefe an Männer und Frauen, die zwischen 1965 und 1976 in Rinteln konfirmiert wurden. Darin bittet Superintentent Andreas Kühne-Glaser die Empfänger, sich zu melden, falls sie Ähnliches erlebt haben. Es bestehe der Verdacht, "dass der verantwortliche Geistliche auch andere Schutzbefohlene sexuell missbraucht oder zu missbrauchen versucht hat".

Bisher hat der Kirchenkreis keine Hinweise auf vergleichbare Fälle erhalten. "Es braucht vermutlich Zeit, bevor sich jemand meldet", sagte Kühne-Glaser am Montag dem epd. Einige der ehemaligen Konfirmanden hätten sich "erschrocken" über den Inhalt des Briefs geäußert, sagte der Superintendent. Er sei am Wochenende in der Stadt von Einzelnen darauf angesprochen worden. Sie hätten Eckels als "netten Kerl" in Erinnerung.



Der damalige Superintendent hatte den Konfirmanden nach dessen heutigen Schilderungen unter einem Vorwand ins Pfarramt bestellt und von innen die Tür verschlossen. Dann soll es zu einem "körperlichen Übergriff" gekommen sein. Der Junge konnte aus dem Pfarrhaus fliehen. Er sei später nicht mehr belästigt worden. "Die Integrität der betroffenen Person sowie die Schilderung des Vorfalls lassen für uns keinen Zweifel daran, dass dieser Missbrauch so geschehen ist", sagte Kühne-Glaser.

Der Konfirmand habe damals nur einer einzigen Person seines Vertrauens von dem Erlebten erzählt. Gemeinsam hätten sie entschieden, weder die Eltern noch die Öffentlichkeit zu informieren. "Sie trauten sich nicht zu, im Rinteln der 1960er-Jahre den zu erwartenden Skandal durchzustehen." Nach Angaben des Landeskirchenamtes in Hannover ist damit erstmals seit 1945 ein leitender Theologe der hannoverschen Landeskirche posthum in den Verdacht des sexuellen Missbrauchs geraten.