TV-Tipp: "Neues aus dem Reihenhaus" (ZDF)

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TV-Tipp: "Neues aus dem Reihenhaus" (ZDF)
"Ein Reihenhaus steht selten allein" war vor zwei Jahren eine äußerst gelungene Mischung aus Vorortsatire und Beziehungskomödie. Streng genommen erzählen David Ungureit (Buch) und Titus Selge (Regie) die Geschichte nun noch einmal.

Nach wie vor kommt der Grafiker und Comiczeichner Jan Börner (Stephan Luca) nur bedingt mit der ehelichen Arbeitsteilung klar: Wegen seiner überschaubaren Auftragslage ist Anwältin Anne (Julia Richter ersetzt Ulrike C. Tscharre) die Ernährerin der Familie, Jan kümmert sich um Haushalt und Kinder. Weil es in allen anderen Familien in der Frankfurter Vorortsiedlung genau andersrum ist, stand Film eins unter dem Motto "Allein unter Frauen", wobei Jans Ex-Freundin Maren (Felicitas Woll) eine besondere Rolle spielte. Für die Fortsetzung, "Neues aus dem Reihenhaus", gelten die gleichen Vorgaben, wenn auch nun in verschärfter Form: Die Nachbarn sind immer noch Nervensägen, aber Maren arbeitet jetzt in einem Verlag und sorgt dafür, dass endlich Jans Comic veröffentlicht wird. Auf diese Weise kommt sich nicht nur das einstige Paar näher, als Anne lieb ist, zumal das Buch ein überraschender Erfolg wird, auch die Beziehung zu den Damen und Herren aus den umliegenden Häusern nimmt eine neue Dimension an, denn Jan zieht sie in seinen Zeichnungen ziemlich böse durch den Kakao.

Natürlich ist es schade, dass Ulrike C. Tscharre für den zweiten Film nicht mehr zur Verfügung stand, aber auch Julia Richter wird den Anforderungen der Rolle mühelos gerecht, zumal die uneingeschränkte Hauptfigur ohnehin Jan ist, denn der muss im Auge des Sturms allen möglichen Flieh- und Ziehkräften widerstehen: Nach dem Erfolg des Comics soll er möglichst rasch eine Fortsetzung liefern, aber Anne hat der gemeinsamen Abmachung zum Trotz gar keine Lust, weniger zu arbeiten und sich wieder mehr in den Haushalt einzubringen, was Ungureit für einige amüsante Rollentauschmomente nutzt. Während das Paar aber immerhin nach Kompromissen sucht, in deren Verlauf die Familie unter anderem mit einer furchterregenden osteuropäischen Haushälterin (Dana Cebulla) konfrontiert wird, ist Jan bei Tochter Lisa komplett unten durch: zu Beginn, weil er seine Haushaltspflichten vernachlässigt, später, weil die Börners von allen gehasst werden. Michelle Barthel ist auch mit Anfang zwanzig noch nicht zu alt für zornige Teenagerrollen. Die Qualität ihrer Dialoge hat sie Ungureit zu verdanken, aber die Verachtung, mit der sie die Schmähungen vorbringt, ist ihr Verdienst. Den jungen Colin Jones (Lisas Bruder) hat Selge ähnlich gut geführt. Für Luca ist die Rolle ohnehin perfekt: Er verkörpert die lässig-schluffige Attraktivität gerade auch in den diversen ausgezogenen Szenen mit derart provokanter Beiläufigkeit, dass selbst saftige Gags ein gewisses Niveau bekommen.

Bei Bauarbeiten wird eine Fliegerbombe gefunden

Gleiches gilt für die Darsteller der Nachbarn (unter anderem Adnan Maral, Floriane Daniel sowie Patrick von Blume als Schwabe mit großer Kinderschar). Die Figuren fallen nicht nur wegen ihrer stasihaften Neugier überzeichnet aus, aber das ist in diesem Fall eher Stärke als Schwäche, schließlich ist "Neues aus dem Reihenhaus" eine Siedlungssatire, weshalb auch die gut beobachteten Details aus dem familiären Alltag konsequent humoresk verarbeitet werden und schon allein durch ihre Häufung komisch sind. Diese typische Comic-Attitüde findet sich nicht nur in der abwechslungsreichen flotten Musik (Dominik Giesriegl), sondern auch in der episodischen Erzählweise sowie in einzelnen Slapstickszenen wieder, wenn etwa eine Nachbarin auf der Suche nach Indizien komplett im Müll verschwindet und schließlich mit der Tonne auf dem Kopf gegen eine Straßenlaterne läuft. Zur Zuspitzung der Handlung gehört auch eine Fliegerbombe, die bei Bauarbeiten gefunden wird. Nun müssen sich die Börners wohl oder übel mit den Nachbarn eine Notunterkunft teilen; und ausgerechnet der von seiner Frau vor die Tür gesetzte Matzerath (Felix Vörtler), den Jan in seinem Comic am schärfsten aufs Korn genommen hat und der die Gattin nun mit modernsten Observierungsmethoden überwacht, fädelt die Friedensverhandlungen ein. Ohnehin gelingt Selge und Ungureit das Kunststück, die Mitbürger zwar überhöht, aber dennoch realitätsnah genug zu zeichnen, um in ihnen die eigenen Nachbarn wiedererkennen zu können.