Böhmermann nimmt einstweilige Verfügung nicht hin

Böhmermann nimmt einstweilige Verfügung nicht hin
Der Satiriker Jan Böhmermann wird die einstweilige Verfügung gegen sein "Schmähgedicht" auf den türkischen Staatspräsidenten Tayyip Erdogan nicht hinnehmen.

Hamburg (epd). Das Gericht habe eklatante handwerkliche Fehler gemacht, sagte Böhmermanns Anwalt Christian Schertz am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er kündigte an, Erdogan über das Gericht eine Frist von vier Wochen setzen zu lassen. Wenn der türkische Präsident bis dahin keine Hauptsacheklage erhebe, verfalle die Verfügung. Er und sein Mandant seien bereit, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Gedicht im Gesamtzusammenhang sehen

"Jan Böhmermann hat in einer Gesamtperformance gezeigt, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht", sagte Schertz. Das Gericht habe aber einzelne Passagen aus dem Gedicht untersagt. Ein solches Vorgehen sei beispielsweise bei journalistischen Texten möglich, nicht jedoch in der Kunst. "Man kann auch kein Ölgemälde sezieren." Das Gedicht müsse in seinem Zusammenhang gesehen werden.

Die Richter in Hamburg untersagten dem ZDF-Moderator am Dienstag in einer einstweiligen Verfügung, bestimmte Passagen des Gedichts noch einmal vorzutragen. Wegen ihres "schmähenden und ehrverletzenden Inhalts" müsse Erdogan diese nicht hinnehmen. Hinsichtlich der übrigen Teile des "Schmähgedichts" wurde der Antrag Erdogans aber zurückgewiesen.

Eine Entscheidung der Mainzer Staatsanwalt zu dem Gedicht von Böhmermann steht noch aus. Eine Prognose, wann die Entscheidung über einen hinreichenden Tatverdacht möglich sei, könne derzeit nicht exakt angestellt werden, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch auf Anfrage mit. "Ganz kurzfristig wird dies jedoch nicht der Fall sein."

Möglicherweise Stellungnahme

Eine Vernehmung von Böhmermann sei nicht geplant, weil er anwaltlich vertreten sei, erklärte die Staatsanwaltschaft weiter. Der Verteidigung werde zunächst Akteneinsicht gewährt, danach werde möglicherweise eine anwaltliche Stellungnahme für den Beschuldigten erfolgen. Ob und wann das geschehe, sei ausschließlich Sache der Verteidigung.

Die Mainzer Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob sich Böhmermann der Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches schuldig gemacht hat. Für das Strafverfahren war eine Ermächtigung der Bundesregierung nötig. Nach dem politischen Wirbel um das Böhmermann-Gedicht plant die Regierung, den speziellen Beleidigungsparagrafen zugunsten ausländischer Politiker zu streichen.

Böhmermann hatte das Gedicht Ende März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" (ZDFneo) vorgetragen. Dabei hatte er mehrfach ausdrücklich daraufhin gewiesen, was als Satire in Deutschland erlaubt und was nicht erlaubt sei.