Griechenland schiebt 200 Flüchtlinge in die Türkei ab

Flüchtlinge werden auf der Insel Lesbos abgeschoben.
Foto: dpa/Orestis Panagiotou
Flüchtlinge werden auf der Insel Lesbos abgeschoben.
Griechenland schiebt 200 Flüchtlinge in die Türkei ab
Die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens hat begonnen: Erstmals wurden am Montagmorgen Bootsflüchtlinge von Griechenland aus in die Türkei abgeschoben.

Begleitet von zahlreichen Polizisten wurden nach Berichten der griechischen staatlichen Nachrichtenagentur ANA-MPA am Montag auf den Inseln Lesbos und Chios insgesamt 202 Menschen vor allem aus Pakistan, aber auch aus Bangladesch und nordafrikanischen Ländern auf Schiffe gebracht, deren Ziel der türkische Hafen Dikili war. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR äußerte sich kritisch zur Lage in Griechenland, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verteidigte die EU-Vereinbarung mit der Türkei.

Trotz der angekündigten Rückführungen waren noch bis zuletzt Bootsflüchtlinge aus der Türkei auf den griechischen Inseln angekommen. Dem vor rund zwei Wochen geschlossenen Abkommen zufolge sollen alle Menschen, die seit dem 20. März irregulär von der Türkei aus auf die griechischen Inseln gelangt sind, zurückgeführt werden, es sei denn, sie erhalten Asyl. Im Gegenzug will die EU bis zu 72.000 Syrer aus der Türkei aufnehmen.

Pro Asyl: "Ein rechtswidriger Akt der Unmenschlichkeit"

Die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Melissa Fleming, forderte die EU auf, die Rechte der Flüchtlinge in Griechenland zu wahren. Jeder Einzelne müsse angehört werden und die Chance bekommen, einen Asylantrag zu stellen, forderte Fleming im SWR. Sonst dürfe er nicht zurück in die Türkei gebracht werden.

Allein auf der griechischen Insel Lesbos wollten ihres Wissens nach rund 2.000 Menschen Asyl beantragen. Es fehle aber an Personal, um die Fälle zu bearbeiten. Es herrsche sehr viel Ungewissheit in den griechischen Lagern, insbesondere auf der Insel Lesbos. Niemand wisse, ob er möglicherweise bald in einem Boot Richtung Türkei sitzen werde.

Pro Asyl in Deutschland reagierte mit Kritik auf die Abschiebungen in die Türkei. "Das ist ein rechtswidriger Akt der Unmenschlichkeit. Auf Kosten der Schutzbedürftigen wird ein rechtswidriges Exempel statuiert", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. In Griechenland existiere kein rechtsstaatliches Asylverfahren. Die Türkei sei kein sicherer Drittstaat, der Flüchtlinge schütze. "Das sind Massenabschiebungen, bei denen der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt wird. Die griechische Regierung hat sich dem Druck der EU gebeugt. Nicht nur sie, die gesamte EU ist dafür verantwortlich", sagte Burkhardt weiter.



EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verteidigte das Abkommen der Staatengemeinschaft mit der Türkei. Er sehe in der Rückführung der Flüchtlinge kein Problem, in der Türkei würden sie "eigentlich sehr korrekt behandelt", sagte Schulz im "Morgenmagazin" der ARD. Illegalen Schlepperbanden werde damit ein empfindlicher Schlag versetzt. Nun gehe es darum, dass alle Mitgliedsländer der Union auch Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen. Er vertraue darauf, dass entsprechende Zusagen eingehalten werden.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums werden noch für Montag erste syrische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland erwartet. Das Ministerium nannte keine genaue Zahl, es sei von einer "niedrigen bis mittleren zweistelligen Größenordnung" auszugehen. Es seien vor allem Familien mit Kindern, die unter Beteiligung des UNHCR ausgewählt worden seien. Sie kämen voraussichtlich im Aufnahmelager Friedland in Niedersachsen an.