Kirchenpräsident Jung: "sexuelle Vielfalt in Gottes Schöpfung bejahen"

Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Kirchenpräsident Jung: "sexuelle Vielfalt in Gottes Schöpfung bejahen"
"Wir müssen lernen, dass Schöpfung mehr ist als Mann und Frau", sagte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung vor Beginn der Konferenz "Transsexualität. Eine gesellschaftliche Herausforderung im Gespräch zwischen Theologie und Neurowissenschaften" in Frankfurt am Main.

Die Kirche müsse im Bereich Sexualität "genauer hinschauen" – wie auch beim Thema Homosexualität – "um zu begreifen, dass es nicht um krankhafte Abweichungen geht", sagte Jung. Jugendliche in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hätten bei der Kirchenleitung angemahnt, dass sie sich mit dem Thema Transsexualität beschäftigen müsse. Seine Kirche wolle "sexuelle Vielfalt in Gottes Schöpfung bejahen und Diskriminierung beenden", sagte Jung. Die Kirche habe schließlich "den Auftrag, die Botschaft von der freien Gnade Gottes zu bezeugen und so für Menschen - und zwar für alle Menschen - da zu sein". Er sehe "Glauben als kritische Reflexion in stetigem Hören auf Gott und die Welt", sagte Jung. Daher betrachtet er die Grenzüberschreitung zwischen Neurowissenschaften und Theologie bei der Konferenz als besondere Chance.

Wie sehr das Zusammenspiel der beiden Disziplinen beim eigenen Coming-out helfen kann, machte die transsexuelle bayerische Pfarrerin Dorothea Zwölfer, Sprecherin von Trans Evidence, in ihrem Grußwort deutlich. Besonders die markante Aussage des Sexualforschers Milton Diamond, "das wichtigste Sexualorgan sitzt zwischen den Ohren", habe ihr geholfen, "den inneren Kampf gegen mich selber aufzugeben", sagte Zwölfer. Mit Hinweis auf das so genannte Hohelied der Liebe aus dem 1. Korintherbrief ergänzte die Pfarrerin, gerade für ihre Ehefrau sei aber auch die Einsicht wichtig gewesen, dass "Glaube, Hoffnung, Liebe konstant bleiben können in einer Ehe". Dorothea und Claudia Zwölfer sind nach der Geschlechtsangleichung verheiratet geblieben.

Die Konferenz an der Frankfurter Goethe-Universität dient transsexuellen Menschen auch zum gegenseitigen Kennenlernen und Wiedersehen. Drei Tage lang beschäftigen sie sich gemeinsam mit Neuro- und Biowissenschaftlern, Theologen und interessierten Gästen mit dem Thema Transsexualität. Ziel der Konferenz ist, zu mehr Verständnis beizutragen und "endlich dieser elenden Diskriminierung entgegenzuwirken", wie der Theologe und Organisator Gerhard Schreiber zur Begrüßung sagte.