Amnesty rügt fehlenden Schutz weiblicher Flüchtlinge

epd-bild/Hanno Gutmann
Weibliche Flüchtlinge in einer Aufnahmeeinrichtung an der serbisch-mazedonischen Grenze.
Amnesty rügt fehlenden Schutz weiblicher Flüchtlinge


Sie suchen Schutz, erleben aber Gewalt: Weibliche Flüchtlinge werden auf dem Weg nach Europa häufig geschlagen, erpresst oder missbraucht, berichtet Amnesty International. In Transitzonen und Camps einiger Länder fühlten sie sich besonders bedroht.

London (epd)Frauen und Mädchen aus Syrien und dem Irak sind nach Angaben von Amnesty International auf der Flucht nach Europa oftmals Gewalt und sexueller Belästigung ausgesetzt. Das gelte auch auf europäischem Boden, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation, der am Montag veröffentlicht wurde.

Amnesty sprach für den Bericht mit 40 weiblichen Flüchtlingen, die von der Türkei nach Griechenland und dann über die Balkanroute nach Mitteleuropa gekommen sind. Die Frauen und Mädchen fühlten sich während der Flucht unsicher und bedroht. Viele berichteten von körperlichem Missbrauch und finanzieller Erpressung in fast allen Ländern, durch die sie reisten. Die Frauen wurden begrapscht und von Schmugglern, Sicherheitspersonal oder anderen Flüchtlingen unter Druck gesetzt, mit ihnen Sex zu haben.

Separate Sanitäranlagen und Schlafplätze gefordert

Eine 22-jährige Irakerin berichtete, in Deutschland habe ihr ein Sicherheitsbeamter Kleidung angeboten, wenn sie "Zeit mit ihm alleine" verbringen würde. Eine weitere Gefahr seien Schmuggler. Von alleinreisenden Frauen, die nicht genug Geld haben, verlangten sie oftmals als Gegenleistung Geschlechtsverkehr, heißt es in dem Amnesty-Bericht.

Frauen, die alleine oder nur mit ihren Kindern reisten, fühlten sich besonders in Transitzonen und Flüchtlingscamps in Ungarn, Kroatien und Griechenland bedroht, wo sie gezwungen waren, neben Hunderten männlichen Flüchtlingen zu schlafen. Amnesty International rief Regierungen und Hilfsorganisationen auf, für den Schutz weiblicher Flüchtlinge zu sorgen.

"Wenn diese humanitäre Krise irgendwo anders auf der Welt stattfände, würden wir in Europa erwarten, dass umgehend praktische Maßnahmen zum Schutz derjenigen ergriffen werden, die am meisten von Missbrauch bedroht sind", sagte Tirana Hassan von Amnesty. "Das Mindeste wären separate Sanitäranlagen und Schlafplätze für Frauen."

Beleidigt oder geschlagen

Amnesty-Mitarbeiter sprachen mit sieben schwangeren Frauen, die Nahrungsmangel in den Flüchtlingseinrichtungen beklagten und gesundheitlich nicht ausreichend versorgt wurden. Eine schwangere 19-Jährige aus Syrien berichtete von einem ungarischen Flüchtlingslager voller Käfige, in das keine Luft hereinkam. "Wir waren eingesperrt und sind dort zwei Tage geblieben. Wir bekamen zwei Mahlzeiten am Tag." Zudem seien Sanitäranlagen in einem schlimmen Zustand gewesen.

Mehrere Frauen wurden laut Amnesty von Sicherheitsbeamten in Griechenland, Ungarn und Slowenien beleidigt oder geschlagen. Eine 16-jährige Syrerin berichtete über Polizeibeamte in Griechenland, die Flüchtlinge attackierten und mit Stöcken schlugen. "Sie haben sogar junge Kinder auf den Kopf geschlagen. Mir wurde schwindelig und ich bin gefallen, Menschen sind auf mir herumgetrampelt." Ein Polizist, dem sie davon erzählte, habe gelacht und sie weggeschickt.