Bundesländer dringen auf schnellere Asylverfahren

epd-bild/Christian Ditsch
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Bundesländer dringen auf schnellere Asylverfahren
Der Berg unbearbeiteter Asylanträge sorgt für Unmut bei den Bundesländern. Sie fordern vom Bund deutlich mehr Tempo. Besorgt sind die Innenminister auch über die gestiegene Terrorgefahr.

Koblenz, Düsseldorf (epd)Die Bundesländer haben den Bund eindringlich aufgefordert, so rasch wie möglich für schnellere Asylverfahren zu sorgen. Zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Koblenz zeigten sich am Freitag mehrere Minister verärgert darüber, dass sich noch immer Hunderttausende unbearbeitete Anträge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stauen. Frühestens im Mai wird das Bundesamt nach den Worten seines Leiters Frank-Jürgen Weise in der Lage sein, die Asylanträge von 80.000 Flüchtlingen im Monat zu bearbeiten. Weiteres zentrales Thema des Ministertreffens war die wachsende Terrorgefahr in Deutschland.

Die Zahl der Asyl-Entscheider solle bis April verdoppelt werden, dann könne das Bundesamt ab Mai 80.000 Anträge pro Monat bewältigen, versprach der von den Innenministern eingeladene Bundesamtschef Weise nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD). Weise habe die Zahl der Asylbescheide pro Tag nach eigenen Angaben von 1.000 auf 1.600 erhöht. Das seien aber noch immer lediglich "50 Prozent der Eingänge". Aktuell gibt es nach Lewentz' Worten einen Rückstau von 300.000 unbearbeiteten Asylanträgen. Hinzu kämen Hunderttausende Fälle von Flüchtlingen, deren Verfahren noch gar nicht begonnen habe.

Schnelle Gewissheit

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) nannte den Auftritt Weises in der Innenministerkonferenz "weitestgehend enttäuschend, in manchen Teilen sogar erschreckend". Weise habe auf mehrfache Nachfrage nicht sagen können, "wie viele Asylbescheide dieses Jahr durch das BAMF erstellt werden". Jäger verlangte deutlich mehr Tempo bei der Bearbeitung der Asylanträge. "Wir müssen befürchten, dass wir auf einen Antragsstau von einer Million Anträgen in diesem Jahr zusteuern", warnte der Minister. In Nordrhein-Westfalen müssten Flüchtlinge derzeit acht Monate auf den Beginn ihres Verfahrens warten.

Die vom Bund durchgesetzte Rückkehr zu Einzelfallprüfungen bei syrischen Flüchtlingen dürfe nun nicht zu noch längeren Verfahrensdauern führen, forderte Jäger: "Wir brauchen schnelle Asylverfahren." Wer in Deutschland bleiben könne, müsse schnell integriert werden können. Wer nicht bleiben könne, brauche schnell Gewissheit.

Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) plädierte für einen "Zwei-Schicht-Betrieb" im Bundesamt, um den Berg unerledigter Anträge möglichst schnell abzubauen. Die Verhandlungen mit dem Gesamtpersonalrat gestalteten sich laut Weise jedoch schwierig.

"Dreiklang der Herausforderung"

Ähnlich äußerte sich der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU). Er sei "enttäuscht, wenn die Kanzlerin von uns allen erwartet, dass wir in der Lage sein müssen zu improvisieren, um die Situation zu meistern, aber man noch nicht mal Gespräche führen kann, ob man derzeit einen Zwei-Schicht-Betrieb im Bundesamt durchführen kann", sagte Caffier. Auch Länder und Kommunen müssten bei der Unterbringung von Flüchtlingen am Wochenende arbeiten.

Nach den Anschlägen von Paris sehen die Innenminister Deutschland im gleichen Maße durch islamistischen Terror bedroht wie Frankreich oder Belgien. Es gebe einen neuen "Dreiklang der Herausforderung", sagte Lewentz: Anschläge von Europäern, die durch die Terrormiliz IS radikalisiert wurden, europäische IS-Kämpfer, die aus Syrien zurückkehren, und eingereiste Extremisten aus arabischen und nordafrikanischen Ländern. Nach Angaben des Bundeskriminalamts gebe es in Deutschland derzeit 435 sogenannte Gefährder, 67 Gefährder seien in Haft und etwa 200 befänden sich im Ausland.

Besorgt zeigten sich die Minister auch über rechtsextreme Gewalt. In diesem Jahr seien 789 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt worden, sagte Lewentz. Es habe zudem 65 Brandstiftungen gegeben - im vergangenen Jahr waren es lediglich sechs.