Prostitutionsgesetz auf der Kippe

Passanten gehen in Frankfurt am Main an einer Erotik-Bar vorbei, die im rot beleuchteten Schaufenster mit übergroßen Lippen wirbt.
Foto: dpa/Arne Dedert
Prostitutionsgesetz auf der Kippe
Unionsfraktion lehnt entschärften Schwesig-Entwurf ab
Es hat anderthalb Jahre gedauert, bis sich SPD und Union auf einen ersten Entwurf zur Regelung der Prostitution in Deutschland verständigen konnten. Nun gibt es neuen Streit.

Die Koalition hat sich vorgenommen, die legale Prostitution unter strengere Auflagen zu stellen und Prostituierte besser zu schützen. Doch nun liegt eine überarbeitete Fassung des Gesetzentwurfs von Bundesfrauen- und -familienministerin Manuela Schwesig (SPD) vor, der aus Sicht der Union "die Arbeit von zwei Jahren infrage stellt", so der familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg am Donnerstag in Berlin. Die von Schwesig vorgeschlagenen Änderungen "treffen wesentliche Schutzelemente und damit den Kern des Gesetzes", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wir werden kein Absenken der Standards akzeptieren."

Damit steht das Prostitutionsgesetz auf der Kippe. Der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Ralf Kleindiek, sorgte seinerseits für Klartext: "In der bisherigen Fassung wird das Gesetz nicht kommen", sagte er und verteidigte die Entschärfungen im aktuellen Entwurf.

Gesundheitliche Beratung und Anmeldung bei den Behörden

Sie betreffen die Anmelde- und Beratungsvorschriften für Prostituierte, die die Union aus ihrer Sicht zum Schutz der Frauen in den Gesetzentwurf hineinverhandelt hatte. Schwesig und die SPD waren auch nach dem Kompromiss nach gut anderthalb Jahren koalitionsinterner Debatten nicht davon überzeugt, dass diese Regeln Frauen besser vor Ausbeutung und Gewalt schützen können.

Die Union hatte durchgesetzt, dass junge Prostituierte unter 21 Jahren sich zweimal im Jahr gesundheitlich beraten lassen und ihre Tätigkeit jedes Jahr bei den Behörden neu anmelden müssen. Prostituierte über 21 sollten sich einmal im Jahr beraten lassen und alle zwei Jahre anmelden. Zudem sollte die Anmeldung an jedem Arbeitsort erneuert werden.

Dem aktuellen Entwurf zufolge, der dem epd vorliegt, ist nunmehr nur noch eine Gesundheitsberatung vor der ersten Anmeldung vorgesehen. Danach sollen sich die jungen Frauen einmal nach zwei Jahren erneut melden, Prostituierte über 21 Jahre müssen ihre Anmeldung alle vier Jahre verlängern. Das ginge auch elektronisch, hieß es. Sie müssten also bei den Behörden nie wieder vorstellig werden. Die Anmeldungen gelten bundesweit.

Bei 250.000 Prostituierten bürokratischer Aufwand zu hoch

Dieser Teil des Gesetzes soll erst zwei Jahre nach der Verkündung in Kraft treten, womit die Änderungen, die die Union in den schwierigen Verhandlungen durchgesetzt hatte, erst 2018 griffen.

Die erste Abstimmungsrunde im Bund, mit den Ländern und den Kommunen habe ergeben, dass die Anmelde- und Beratungsvorschriften nicht umgesetzt werden könnten, hieß es aus Regierungskreisen. Bei einer Zahl von 250.000 Prostituierten sei der bürokratische Aufwand zu hoch. Insbesondere die Kommunen sähen sich unter den gegenwärtigen Belastungen nicht in der Lage, die ursprünglich vorgesehenen Gesundheitsberatungen zu leisten.

Weitgehend unstrittig ist dagegen der zweite Teil des Prostitutionsgesetzes, in dem der Betrieb von Bordellen und anderen Prostitutionsstätten neu geregelt wird. Künftig brauchen Betreiber eine Genehmigung, müssen Auflagen erfüllen und die Prostituierten müssen angemeldet sein. Kriminelle mit Vorstrafen sollen keine Betriebserlaubnis erhalten.

Nach dem bisherigen Zeitplan sollte der Entwurf noch in diesem Jahr vom Kabinett beschlossen werden. Zunächst wird er nun erneut innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Das neue Gesetz soll die Liberalisierung der Prostitution von 2002 in Teilen wieder zurücknehmen, weil sie in erster Linie Bordellbetreiber und Zuhälter gestärkt hat.