Kirche entschuldigt sich bei Missbrauchsopfer von Bischof Bell

Kirche entschuldigt sich bei Missbrauchsopfer von Bischof Bell
Die anglikanische Kirche von England hat sich förmlich bei einem Missbrauchsopfer von Bischof George Bell (1883-1958), einem im In- und Ausland hoch angesehenen Kirchenmann, entschuldigt.

In einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung äußerte der Bischof von Chichester, Martin Warner, tiefe Trauer über die Vorfälle aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Missbrauch von Kindern sei ein kriminelle Handlung und ein verheerender Vertrauensbruch, der in keiner Situation passieren dürfte, "erst recht nicht in der Kirche", schreibt Bischof Warner.

Bell, der zu den führenden Personen der ökumenischen Bewegung im 20. Jahrhundert gehört, war von 1929 bis 1958 Bischof von Chichester. Der anglikanische Geistliche unterhielt im Zweiten Weltkrieg enge Kontakte zum deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Auch setzte er sich für die Rettung von Juden und Mitgliedern der Bekennenden Kirche ein. Bell war als Gegner der alliierten Bombardierung deutscher Städte bekannt und trat nach 1945 für die Versöhnung mit Deutschland ein.

Auf erste Anschuldigungen gegen Bell Mitte der 1990er Jahre habe die Diözese Chichester nicht angemessen reagiert, räumte Bischof Warner ein. Die Antwort des damaligen Bischofs Eric Kemp sei völlig unzureichend gewesen. Tracey Emmontt, Anwältin des Opfers, das anonym bleiben will, äußerte sich anerkennend über die neue Kultur der Offenheit in der Kirche von England. Die Entschädigung, die dem Opfer Ende September zugesprochen wurde, ändere nichts an den Geschehnissen, werde jedoch von ihrem Klienten als Zeichen der Entschuldigung anerkannt, sagte die Anwältin.



Erst nachdem das Missbrauchsopfer vor zwei Jahren mit dem Büro des anglikanischen Erzbischofs Justin Welby Kontakt aufgenommen hatte, wurde den Vorwürfen intensiv nachgegangen.

Anfang Oktober hatte der zentrale Strafgerichtshof Old Bailey in London den früheren Bischof von Lewes und von Gloucester, Peter Ball, zu 32 Monaten Haft wegen "Fehlverhaltens in einem öffentlichen Amt" sowie zu 15 Monaten wegen "sexueller Nötigung". Der 83 Jahre alte Ball hatte zuvor gestanden, 18 Teenager und junge Männer zwischen 1977 und 1992 sexuell missbraucht zu haben.