Zentrale Einheitsfeier beginnt mit ökumenischem Gottesdienst

Zentrale Einheitsfeier beginnt mit ökumenischem Gottesdienst
Kirchenpräsident: Liebe ist Kompass für das Leben
Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Frankfurter Dom hat am Samstag die zentrale Feier zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit begonnen.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung bezeichnete in seiner Predigt die Liebe als die Basis menschlichen Zusammenlebens: "Wer liebt, sieht im anderen Menschen nicht den Fremden, sondern die Schwester, den Bruder", sagte er. "Die Liebe ist der Kompass für das Leben."

Jung legte die biblische Nächstenliebe aus: "Dein Nächster ist wie du darauf angewiesen, ihn in Not nicht verhungern, verdursten oder ertrinken zu lassen." Diese Liebe überwinde Grenzen. Es könne keine Gottesliebe geben, die das Leben von Menschen verachtet, sagte der Kirchenpräsident und wandte sich gegen Extremismus: "Alle irren, die meinen, man könne mit Gottesliebe die Vernichtung von Menschen begründen."

"Wer Egoismus überwindet, dem steht das Universum offen"

Der Apostolische Administrator des katholischen Bistums Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, sagte: "Die Vielfalt bestimmt unser Land, und wir sind dankbar für sie - und genauso ist uns die Einheit unseres Landes ein kostbares Geschenk und hohes Gut." Am Gottesdienst nahmen unter anderen Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), Bundesratspräsident Volker Bouffier (CDU) und Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle teil.

Die jüdische Rabbinerin Elisa Klapheck wies im Gottesdienst darauf hin, dass Rechtsradikalismus und Neonazis noch immer zur deutschen Realität gehörten. Dennoch habe der Mauerfall zu einer Wiedergeburt jüdischen Lebens in Deutschland geführt. Der islamische Imam Selcuk Dogruer lobte das zivilgesellschaftliche Engagement für Flüchtlinge. "Wir Muslime verurteilen unmissverständlich jeden Missbrauch von Religion zur Rechtfertigung von Gewalt und Diskriminierung", sagte er.

Der Vertreter der Sikh-Religion, Khushwant Singh, rief dazu auf, gemeinsam die Einheit unter den Menschen zu stärken. "Wer Egoismus überwindet, dem steht das Universum offen", sagte er. Weitere Mitwirkende der Feier berichteten, wie sie in ihrem Leben die Überwindung von Grenzen erfahren hatten. Der Mitbegründer der innerdeutschen Gedenkstätte Point Alpha bei Geisa, Berthold Dücker, erzählte von seiner Flucht durch den früheren DDR-Todesstreifen. Die mit ihrer Familie aus Eritrea geflohene Abiturientin Betelihem Fisshaye berichtete davon, wie sie in Deutschland eine neue Heimat fand.

Der seit einer Ausgabe der ZDF-Sendung "Wetten, dass..?" gelähmte Schauspieler Samuel Koch berichtete, mit welchen Grenzen ein Rollstuhlfahrer kämpfen muss. Diese Probleme kämen ihm aber klein vor gegenüber dem, was Menschen in Krieg und Terror durchmachen müssten. "Alle haben ein Recht darauf, dass Grenzen und Hindernisse sie nicht am Leben hindern", sagte er.

Rund 120 Sänger und Musiker waren an der Gestaltung des Gottesdienstes beteiligt und führten eigens für den Festtag angefertigte Kompositionen auf.

Nach dem Gottesdienst machten sich die Staatsvertreter auf den Weg zur Alten Oper zum zentralen Festtakt. Unter den 1.300 Geladenen dort befinden sich 50 ehemalige DDR-Bürgerrechtler, Bürgerdelegationen und 30 Flüchtlinge. Unter den Prominenten sind der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Mitglieder des Bundeskabinetts und der Länderkabinette.

Am Samstag geht das Bürgerfest in Frankfurt weiter, zu dem nach Angaben der Stadt Frankfurt am Freitagabend 350.000 Besucher kamen. Herzstück ist die "Ländermeile" an beiden Ufern des Mains, an der die 16 Bundesländer in Zelten Spezialitäten anbieten. Höhepunkt des Fests wird am Samstagabend eine Show am Main sein, in der auf Videoleinwänden Szenen der Wiedervereinigung gezeigt werden. Sie schließt mit einem Feuerwerk.