Trennung von Flüchtlingen nach Religionen stößt auf Skepsis

epd-bild/Annette Zoepf
Das Hauptproblem in Flüchtlingsheimen sind nicht Ethnien und Religion, sondern die Zustände und die beengten Wohnmöglichkeiten, sagen Experten.
Trennung von Flüchtlingen nach Religionen stößt auf Skepsis
Deutsche Polizeigewerkschaft: Christen werden massiv bedrängt
Die Gewerkschaft der Polizei möchte Flüchtlinge künftig getrennt nach Religionen untergebracht wissen. Doch das scheitert schon am Platz. Und aus Sicht von SPD-Politikern ist es auch nicht die Lösung für Probleme mit Gewalt in den Unterkünften.

Frankfurt a.M. (epd)Forderungen der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Flüchtlinge künftig nach Religionen getrennt unterzubringen, stoßen in der Politik auf Skepsis. Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sagte, dafür gebe es derzeit keine Möglichkeit, es fehlten schlicht die Unterbringungsmöglichkeiten. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, Ralf Stegner, sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe): "Man muss sensibel bei ethnischen Konflikten agieren, aber eine pauschale religiöse oder ethnische Trennung kann nicht die Lösung sein."

Beengte Wohnmöglichkeiten

Bouillon nannte eine getrennte Unterbringung eine Illusion. Er sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe): "Wir sind schon froh, wenn wir den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf bieten können." SPD-NRW-Landesgruppenchef Achim Post sagte der "Rheinischen Post", das Hauptproblem seien nicht die Ethnie oder die Religion, sondern die Zustände und die beengten Wohnmöglichkeiten.

Die Diskussion über eine nach Ethnien und Religionen getrennte Unterbringung von Flüchtlingen war nach einer Massenschlägerei in einer Erstaufnahmeeinrichtung im hessischen Calden wieder aufgeflammt. Die Gewerkschaft der Polizei forderte am Montag, Flüchtlinge stärker nach Ethnien und Religionen zu trennen. Statistiken zu Motiven von Auseinandersetzungen in Flüchtlingsunterkünften gibt es bisher allerdings nicht.

Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), indes sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe), Christen müssten in den Unterkünften unter besonderen Schutz gestellt werden. "Sie werden oft massiv bedrängt", sagte er. Es gebe aber noch andere schutzbedürftige Gruppen, vor allem auf Frauen und alleinreisende Kinder und Jugendliche gebe es massive Übergriffe.

Salafisten drücken Regeln durch

"Die meisten Gewalttaten finden innerhalb der muslimischen Gruppen statt", sagte Wendt: "Da kämpfen Sunniten gegen Schiiten, da gibt es Salafisten unterschiedlichster Ausprägung. Sie versuchen, dort ihre Regeln durchzusetzen. Da werden Christen massiv bedrängt, und die Scharia soll durchgesetzt werden. Frauen werden zur Verschleierung gezwungen. Männer werden gezwungen zu beten."

Die Schlägerei in Calden wurde nach Angaben des Regierungspräsidiums Kassel durch einen Streit bei der Essensausgabe ausgelöst. An der Schlägerei am Sonntag waren Hunderte Flüchtlinge beteiligt, überwiegend Pakistaner und Albaner. Nach Polizeiangaben wurden 14 Menschen verletzt. In dem Lager sind rund 1.500 Menschen aus 20 Nationen untergebracht.

Möglichst homogene Gruppen

Der hannoversche Psychiatrie-Professors Kai Kahl sagte, speziell in Massenunterkünften komme es zu Problemen. Wenn Menschen mit wenig Freiheiten und Bewegungsmöglichkeiten durchhalten müssten, sei die Situation stets sehr stressbeladen, sagte Kahl der hannoverschen "Neuen Presse" (Dienstagsausgabe).

Flüchtlinge sollten daher seiner Ansicht nach getrennt nach Kulturkreisen und Religionen untergebracht werden. Ansonsten würden genau die Konflikte, die sich im Herkunftsland zwischen Religionen, Ethnien oder Stämmen ergeben hätten, in das Migrationsland hineingetragen, sagte der Oberarzt in der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover: "Da muss man von vornherein möglichst homogene Gruppen schaffen, die sich untereinander verstehen."