Fernseh-Vorschau für die Woche: "Die Fälscher", "Die Flucht" und "Eltern"

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Fernseh-Vorschau für die Woche: "Die Fälscher", "Die Flucht" und "Eltern"
Was lohnt sich im Fernsehen?
Evangelisch.de blickt auf die Fernsehwoche - wo lohnt sich das Einschalten im Fernsehen vom 29. August bis zum 4. September?

29.8., 3sat, 20.15 Uhr: "Die Fälscher"

Es war die größte Geldfälschungsaktion in der Kriminalgeschichte, und sie stürzte ihre Protagonisten in erhebliche Gewissensnöte. Sie fälschten buchstäblich um ihr Leben. Doch je erfolgreicher sie waren, desto mehr unterstützten sie ihre Feinde und  machten sich auf diese Weise mitschuldig am Tod Hunderttausender: 1942 ersann Bernhard Krüger, vor dem Zweiten Weltkrieg Falschgeldfahnder, einen ebenso simplen wie genialen Plan: Er wollte England mit "Blüten" überschwemmen, um den Kriegsgegner in den Ruin zu treiben. Damit das Projekt geheim blieb, rekrutierte Krüger KZ-Häftlinge, denen im Konzentrationslager Sachsenhausen ein eigener Bereich zugewiesen wurde. Stefan Ruzowitzkys Film lebt nicht zuletzt vom Konflikt der Fälscher. Die Handlung wird zwar nicht zum permanenten ethischen Diskurs, doch die Gewissensfrage – darf man überleben, während die anderen draußen krepieren? – steht immer wieder im Mittelpunkt. Obwohl die Ereignisse fast als Kammerspiel inszeniert wurden, ist der Film dank der herausragenden Darsteller und der Ungeheuerlichkeit der Aktion ungewöhnlich packend.

30.8., 3sat, 20.15 Uhr: "Die Flucht"

Jahrzehnte lang war dieser Teil der deutschen Geschichte tabu. Die Flucht und Vertreibung von rund 12 Millionen Deutschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten wurde zwar immer wieder mal in Dokumentationen aufgegriffen, doch als Grundlage für einen Spielfilm kam das Thema nicht in Frage; man wollte sich nicht dem Verdacht des Revanchismus’ aussetzen. Über diesen Verdacht ist der Zweiteiler "Die Flucht" jedoch völlig erhaben. Die Geschichte wird konsequent aus der Sicht jener erzählt, die sie erdulden mussten, doch ein eventueller Vorwurf historischer Einseitigkeit wird im Keim erstickt. Zwar werden die Soldaten der Roten Armee auf einen Haufen randalierender Vergewaltiger reduziert, aber die gezeigten Verbrechen der deutschen Wehrmacht sind viel schlimmer. Neben der meisterhaften Inszenierung Kai Wessels und der farbentsättigten Bildgestaltung durch Holly Fink imponiert der Film nicht zuletzt durch die treffend besetzte Prominenz vor der Kamera.

30.8., 3sat, 23.15 Uhr: "Night Will Fall"

Selbst nach siebzig Jahren haben die erschütternden Bilder aus den Konzentrationslagern der Nazis nicht an Schrecken verloren. Auch heute noch tauchen immer wieder Fotos und Filmausschnitte von Zeitzeugen auf, die das Grauen vor Augen führen. "Night Will Fall" berichtet von einem Filmprojekt der Alliierten, das nach Kriegsende eine Dokumentation der Gräueltaten von Nazi-Deutschland hätte werden sollen: Damit keiner mehr hätte behaupten können, er habe nicht gewusst, welch’ grauenhafte Dinge sich in den Konzentrationslagern abgespielt haben. Der Film sollte eine Lehre für die Menschheit werden. Doch aus politischen Gründen verschwand das brisante Material jahrzehntelang im Archiv: Die Westalliierten brauchten Deutschland als Bollwerk gegen die zunehmend feindlicher werdenden Sowjets. Also wollte man das deutsche Volk nicht als feigen Mitläufer darstellen, der wissentlich einen Völkermord unterstützte.

31.8., ARD, 22.45 Uhr: "Die Story im Ersten: Die Illusion von der Chancengleichheit"

Das Studium ist die schönste Zeit des Lebens - so schwärmen gestandene Akademiker gerne, wenn sie an ihre eigenen Hochschuljahre zurückdenken. Damals hatte man Zeit, sich zu entfalten, etwas zu erleben, die Persönlichkeit reifen zu lassen. Wer allerdings heutzutage studiert, braucht vor allem gute Nerven, erheblichen Ehrgeiz, stabile Ellbogen und am besten vermögende Eltern. Anders ist ein erfolgreicher Abschluss an einer Uni kaum zu bekommen. Die Autorinnen dieses Films haben sich den aktuellen Alltag der Studierenden angeschaut und ziehen eine kritische Bilanz der jüngsten Reformen. Nach diversen Gesprächen und Interviews kommen sie zu dem Schluss: Viele der angestrebten Ziele wurden nicht erreicht, statt dessen ist der Geldbeutel der Eltern inzwischen für Studium und Karriere wieder genauso wichtig wie Fleiß und Intelligenz der Studierenden. Die häufig postulierte Chancengleichheit ist mehr denn je eine reine Illusion.

31.8., ZDF, 20.15 Uhr: "Mein vergessenes Leben"

Das bewegende Drama erzählt die Geschichte von Alexander, einem vermögenden Privatier, der sein Leben an der Seite einer sehr jungen Freundin in vollen Zügen genießt. Kurze Aussetzer irritieren ihn nur vorübergehend. Auch die Sorgen seiner Kinder kann er nicht nachvollziehen. Als ein Ausflug in sein italienisches Ferienhaus im Gewahrsam der Polizei endet, kann er die Wahrheit nicht länger ignorieren: Alexander ist unheilbar an Demenz an erkrankt, die Diagnose gab es schon vor Monaten; er hat sie einfach vergessen. Robert Atzorn ist mit seinem unterkühlten Spiel die perfekte Besetzung für den erfolgreichen Unternehmer, der sein altes Leben unbeirrt fortführt, obwohl es ihn täglich überfordert. Gerade in den Brüchen zwischen diesen beiden Welten zahlt sich Atzorns sparsame Interpretation der Rolle aus: weil Nuancen genügen, um anzudeuten, dass die weltmännischen Auftritte bloß Fassade sind. Dank der fast zärtlichen Inszenierung von Gernot Krää entsteht eine große Nähe zu der Figur.

31.8., ZDF, 0.20 Uhr: "Deckname Pirat"

War mein Vater ein Spion? Diese Frage ist der Ausgangspunkt einer Spurensuche zwischen Stasi, NSA und der eigenen Familiengeschichte von Regisseur Eric Asch. Das Ergebnis ist ein sehr persönlichen Dokumentarfilm, der gleichzeitig von den Machenschaften der Geheimdienste im Kalten Krieg berichtet; im Kontext der heutigen Abhörskandale erscheinen sie ohnehin aktueller denn je. Zunächst führt der Film jedoch in die Fünfzigerjahre: Robert Asch ist an einer Spionage-Aktion des US-Militärgeheimdienstes beteiligt. In den Siebzigern gerät er erstmals selbst ins Visier eines Nachrichtendienstes: Bei seiner Hochzeitsreise wird er von der Stasi belauscht und beschattet. Seine 3.000 Seiten umfassende Stasi-Akte bezeichnet ihn als Agenten eines imperialistischen Geheimdienstes; sein Deckname: "Pirat". Sein Sohn Eric hat sich mit der Kamera auf den Weg gemacht, um Fragen zu stellen und Antworten zu finden: Warum hat sein Vater die wahre Bedeutung seiner Arbeit bei der US-Armee verschwiegen? Warum hat er nur einen Bruchteil seiner Stasi-Akte fotokopiert und nach Hause gebracht? Wer war Robert Asch wirklich?

1.9., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Mama, warum hast du das getan?"

Ein Mord prägt das Leben von Janine und Jennifer bis heute. Ihr Vater ist mit zwanzig  Messerstichen getötet worden. Die Schwestern wachsen mit der Gewissheit auf, dass ihre Mutter die Täterin ist; sie wird wegen Mordes verurteilt. Die Tat ist für die beiden Mädchen der Anfang einer Kindheit ohne Eltern, im Heim, bei Pflegefamilien, getrennt voneinander. Der Film versucht herauszufinden, wie das Ereignis ihr Leben beeinflusst hat: Wie stark haben die schrecklichen Erfahrungen sie geprägt? Welche Beziehung haben sie zu ihrer Mutter? Können sie doch noch Kontakt zu ihr finden?

1.9., 3sat, 20.15 Uhr: "So wie du bist"

Seit einigen Jahren sind Menschen mit Down-Syndrom derart oft Protagonisten von Kino- und Fernsehfilmen, dass man fast von einem eigenem Genre sprechen kann. Die zunächst alles andere als sympathische Hauptfigur in der deutsch-österreichischen Koproduktion "So wie du bist" ist allerdings eine für ihre Gnadenlosigkeit berüchtigte Strafrichterin. Ausgerechnet am Tag ihrer Pensionierung hat Helene (Gisela Schneeberger) einen folgenschweren Unfall: Noch leicht alkoholisiert von der Abschiedsfeier nimmt sie einem anderen Auto die Vorfahrt. Der Fahrer muss schwerverletzt ins Krankenhaus, seine behinderte Tochter Michalina (Juliana Götze) kommt mit dem Schrecken davon; und dieser jungen Frau soll sich Helene nun annehmen. Sie empfindet zwar nach und nach Zuneigung zu dem Mädchen, das sie mit ihrer unbefangenen, einfachen Klugheit beeindruckt, doch erst eine offenkundige Ungerechtigkeit lässt sie Partei ergreifen: Michalina und ihr Freund Sebastian (Sebastian Urbanski) dürfen ihre Liebe nicht ausleben, weil seine Eltern das nicht zulassen wollen. Und sowohl das weltliche wie auch das kirchliche Recht untersagen geistig Behinderten die Hochzeit, weil sie nicht geschäftsfähig sind. Also setzt Helene alle nur möglichen Hebel in Bewegung, um dies zu ändern.

2.9., ARD, 20.15 Uhr: "Eltern"

Der Film handelt vom krachenden Scheitern eines alternativen Lebensentwurfs: Ärztin Christine (Christiane Paul) ernährt die Familie, Ehemann Konrad (Charly Hübner), Theaterregisseur, kümmert sich als Hausmann um die beiden Töchter. Als er ein Angebot bekommt, wieder zu inszenieren, engagiert das Paar ein argentinisches Au-pair-Mädchen. Die junge Frau entpuppt sich allerdings als schwanger und ist daher nicht belastbar. Weil sich auf die Schnelle kein Eratz besorgen lässt, bricht das Lebensmodell der Familie quasi über Nacht in sich zusammen: Christine möchte gern Oberärztin werden und hält ihre Arbeit ohnehin für wichtiger als Konrads Selbstverwirklichung. Der wiederum bezeichnet sie als egoistisch und zieht kurzerhand ins Theater. Nach nur zwei Tagen ist jeder mit jedem verkracht. Geschickt vermeidet der Film jede Schuldzuweisung: Christiane Paul und Charly Hübner verkörpern ihre Figuren auch vielschichtig genug, um nicht automatisch als der Gute und die Böse zu erscheinen.

2.9., ARD, 22.45 Uhr: "Freier Fall"

Karriereaussicht bei der Bereitschaftspolizei, Nachwuchs unterwegs, die Doppelhaushälfte von den Eltern vorfinanziert: Das Leben von Marc (Hanno Koffler) nimmt einen guten Verlauf. Doch dann lernt er bei einer Fortbildung den Kollegen Kay (Max Riemelt) kennen. Der bringt ihm beim Lauftraining ein neues Gefühl von Leichtigkeit bei - und wie es ist, Gefühle für einen Mann zu entwickeln. Hin- und hergerissen zwischen der ihm vertrauten Welt und dem Rausch der neuen Erfahrung gerät Marcs Leben zusehends außer Kontrolle. Hanno Koffler ist für seine Leistung als angehender Familienvater, der fortan zwischen zwei völlig unvereinbarten Welten hin und her pendelt, für den Deutschen Filmpreis nominiert worden.

3.9., ZDF, 20.15 Uhr: "Lotta und das ewige Warum"

Seit sechs Jahren begleitet die ZDF-Filmreihe "Lotta & ..." eine flatterhafte junge Frau durch ihr Leben und schaut ihr dabei zu, wie sie erwachsen wird. Josefine Preuß hat sich diese Rolle so sehr angeeignet, dass man versucht ist, Figur und Darstellerin miteinander zu verwechseln. Biografisch ist sie längst keine Jugendliche mehr, aber sie fegt mit einer derartigen Energie durch die Komödie, dass die Lebensfreude automatisch ansteckend wirkt. Die Geschichte des vierten Teils ist aber keineswegs die reine Komödie. Der Film macht keinen Hehl daraus, wie anstrengend es ist, als alleinerziehende Mutter Medizin zu studieren. Auch das Eheleben auf Probe offenbart seine unerwarteten Schattenseiten. Und dann freundet sich Lotta noch mit einem alten Obdachlosen an, der an Hautkrebs erkrankt ist, als Patient ohne Krankenversicherung aber keine Aussicht auf Behandlung hat.

4.9., WDR, 20.15 Uhr: "#jesuischarlie - ein Hashtag und die Folgen"

Die 45minütige Dokumentation handelt von den Attentaten in Paris und dem Polizeieinsatz im belgischen Verviers. Die Autoren berichten von Menschen aus NRW, die alle einen Bezug zu dem Attentat haben; die Beiträge erzählen von Todesangst und Trauer, von Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit, aber auch von Zivilcourage und Solidarität. Sie stellen eine junge Frau aus Recklinghausen vor, die in Paris lebt und die Tage im Januar dort als die emotionalsten ihres Lebens wahrgenommen hat; ebenso einen jungen Moslem aus Dortmund, der sich ein Herz fasste und vor Hunderten von Menschen für ein friedliches Miteinander der Religionen appellierte. Zu Wort kommt ein Karnevalist, der den Charlie-Hebdo-Motivwagen stoppte, und der YouTuber MaximNoise, der mit seinem Solidaritäts-Song die Netz-Öffentlichkeit erreichte; eine streitbare Anwältin aus Düsseldorf, die das Feld der Deutungshoheit nicht den Pegida-Anhängern überlassen wollte, sowie der Kölner Publizist Navid Kermani, der unbequeme Fragen an seine Glaubensbrüder richtete.