"Freiwillige brauchen Unterstützung"

Diakoniepräsident Ulrich Lilie am 28.08.2014 bei einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in seinem Büro in Berlin.
Foto: epd-bild/Andreas Schoelzel
Diakoniepräsident Ulrich Lilie in seinem Büro in Berlin.
"Freiwillige brauchen Unterstützung"
Drei Fragen an Diakonie-Präsident Lilie zur Situation Ehrenamtlicher in der Flüchtlingsarbeit
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sieht das ehrenamtliche Engagement in der Flüchtlingsarbeit als "Schatz dieser Zivilgesellschaft". Die Freiwilligen müssten allerdings gut ausgebildet und durch Hauptamtliche unterstützt werden, damit sich die Hilfsbereitschaft nicht erschöpfe, fordert Lilie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Herr Lilie, wie steht es um das freiwillige Engagement in der Flüchtlingsarbeit?

###person|19300###Ulrich Lilie: Ich sehe, dass sich in Deutschland ganz viele Leute auf einer selbstverständlichen und menschlichen Ebene dieser wirklich weltweiten Not zuwenden. Das ist ein Schatz dieser Zivilgesellschaft, den wir gar nicht hoch genug werten können. Wichtig ist mir, dass diese Freiwilligen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, damit sie ihren Enthusiasmus und ihr Engagement durchhalten. Denn die Arbeit beispielsweise mit Menschen, die auf ihrer Flucht Schreckliches erlebt haben, kann belastend sein.

Was heißt für Sie richtige Unterstützung?

Lilie: Da geht es um professionelle Begleitung, um Beratung und Coaching, um Koordination. Da geht es aber auch um Ausbildung, um Grundkenntnisse zum Beispiel des Asylverfahrens. Ich muss schon wissen, wie so ein Verfahren aussieht, ich muss Rechtsmittelfristen kennen. Und ich muss meine eigenen Grenzen kennen. Ich muss wissen, wann es besser ist, Hauptamtliche einzuschalten, beispielsweise aus einem der mehr als 600 Migrationsfachdienste oder Beratungsstellen für Asylsuchende in Kirche und Diakonie.

"Richtiger Mix zwischen freiwilligem Engagement und professioneller Begleitung ist wichtig"

Die wiederum müssen in ihren Diensten so ausgestattet sein, dass sie für die Begleitung von Ehrenamtlichen wirklich Zeit und auch Mittel haben. Das heißt: Wir müssen Geld für die Unterstützung der Ehrenamtlichen in die Hand nehmen, damit freiwilliges Engagement auf Dauer funktioniert. Ansonsten könnte es passieren, dass sich diese große Hilfsbereitschaft in unserer Bevölkerung auch wieder erschöpft.

Wo sehen Sie Konflikte, die Frust auslösen können?

Lilie: Beispielsweise dort, wo mehr als das allein mitmenschliche Verständnis gefragt ist. Wir wollen ja, dass die Menschen, die zu uns kommen, so selbstbestimmt wie möglich ihre eigenen Perspektiven entwickeln. Das heißt doch: Sie müssen nicht unbedingt das tun, was ich selber plausibel finde. Da kommen eben Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, die vielleicht andere Pläne haben als ich. Meine Aufgabe ist es dann, sie dabei zu unterstützen, dass sie die jeweils richtige Perspektive für sich selbst finden. Das kriegen wir hin - mit dem richtigen Mix zwischen freiwilligem Engagement und professioneller Begleitung. Da ist jeder Euro bestens investiert. Denn wenn das gelingt, bedeutet das schnellere und bessere Integration.