Der Tod ist kein Geschäft

Eine tödliche Dosis Tabletten liegt auf einem Tisch vor einem Mann.
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Der Tod ist kein Geschäft
Völlige Straffreiheit oder absolutes Verbot? Zwischen vier Gesetzesanträgen zur Sterbehilfe, genauer gesagt zur Suizidbeihilfe, wird der Bundestag am 6. November entscheiden. So unterschiedlich die Anträge sind, haben sie doch eines gemeinsam: Eine gewerbsmäßige Sterbehilfe soll es auch in Zukunft nicht in Deutschland geben.

Nach geltender Rechtslage sind Suizid und Beihilfe zum Suizid in Deutschland nicht strafbar. Es wird also auch niemand dafür bestraft, dass er anderen hilft, sich das Leben zu nehmen, also etwa ein tödliches Medikament besorgt. Aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen, ist hingegen verboten.

Doch es gibt Grauzonen: Ausgelöst wurde die aktuelle Debatte über Beihilfe zum Suizid durch Sterbehilfevereine wie dem des Hamburger Exjustizsenators Roger Kusch. Diese Vereine bieten ihren Mitgliedern Unterstützung bei der Selbsttötung an. Deswegen haben Bundestagsabgeordnete vier neue Gesetzesanträge zum Thema formuliert.

Am 6. November will der Bundestag über eine neue Regelung entscheiden. Am Vortag wurde eine bessere Versorgung von sterbenden in der Palliativ- und Hospizmedizin beschlossen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte dafür ebenfalls ein neues Gesetz vorgelegt. Die ambulante wie stationäre Palliativ- und Hospizversorgung soll flächendeckend ausgebaut werden. Dafür sind zusätzliche 200 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen.

Eine organisierte, gewerbsmäßige Sterbehilfe soll es nach allen vier Gesetzesanträgen zur Suizidbeihilfe nicht geben. Dennoch sind die fraktionsübergreifenden Entwürfe sehr unterschiedlich. Von einer weitgehenden straffreien Suizidbeihilfe, sofern Organisationen dadurch keinen Profit machen, über ärztlich assistierte Selbsttötung bis zu einem weitreichenden Verbot der Sterbehilfe ist alles dabei. Ein Überblick:

Antrag 1

Darum geht's:

Die Beihilfe zum Suizid soll weiterhin straffrei bleiben. Es gibt jedoch ein großes Aber: Die "geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" soll unter Strafe gestellt werden. Das würde Sterbehilfevereine und Ärzte, die mehrfach Suizidbeihilfe leisten, betreffen. Bei letzteren könnte die Abgrenzung schwierig werden: Mediziner wie etwa Onkologen werden schließlich besonders häufig mit dem Sterbewunsch von Patienten konfrontiert. Durch den Gesetzesentwurf soll verhindert werden, dass assistierter Suizid zu einem "Dienstleistungsangebot der gesundheitlichen Versorgung" wird. Suizidhilfe für nahestehende Angehörige bleibt ausdrücklich weiter straffrei.

Wer ist dafür?

Ein breites Bündnis aus allen fünf Fraktionen, darunter Angel Merkel (CDU), Frank-Walter Steinmeier (SPD),  Kerstin Griese (SPD), Michael Brand (CDU), Harld Terpe (Grüne), Kathrin Vogler (Linkspartei), Michael Frieser (CSU). Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, wirbt für diesen Entwurf.

Der Antrag in voller Länge:  

http://kerstin-griese.de/wp-content/uploads/2015/06/GesetzentwurfSelbsttoetung.pdf

Antrag 2

Darum geht's:

Ärzten soll ausdrücklich erlaubt sein, unheilbar erkrankten Patienten beim Suizid zu helfen. Damit will man vor allen Dingen Rechtssicherheit für Ärzte und Patienten erreichen und gleichzeitig den Zulauf zu Sterbehilfevereinen unterbinden. Dieser Antrag verzichtet als einziger auf eine Änderung des Strafrechts. Die Regeln für assistierten Suizid wären im Zivilrecht, also dem Bürgerlichen Gesetzbuch, festgeschrieben.

Wer ist dafür?

Das Positionspapier wurde federführend von Peter Hintze (CDU), Carola Reimann (SPD) und Karl Lauterbach (SPD) ausgearbeitet. Burkhard Lischka (SPD), Katherina Reiche (CDU) und Dagmar Wöhrl (CSU) gehören ebenfalls zu den Unterzeichnern.

Der Antrag in voller Länge:

http://www.carola-reimann.de/images/2014/2014-10-16_Sterbehilfe_Positionspapier_Hintze_Reimann.pdf

Antrag 3

Darum geht's:

Dieser Gesetzantrag sieht die strengste Regelung vor. Jegliche "Anstiftung oder Beihilfe zur Selbsttötung" soll mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden. Es gibt keine Ausnahmeregelung für Ärzte oder nahe Angehörige. Nur extreme Ausnahmefälle von großem Leid wären straffrei.

Wer ist dafür?

Patrick Sensburg (CDU) und Thomas Dörfliger (CDU) haben den Antrag ausgearbeitet.

Der Antrag in voller Länge:

http://www.patrick-sensburg.de/images/Antrag_Suizidbeihilfe.pdf

Antrag 4

Darum geht’s:

Dieser Gesetzesentwurf ist am liberalsten und sieht eine Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung vor, egal von wem sie geleistet wird. Auch Sterbehilfevereine wären somit erlaubt, allerdings nur solche ohne Gewinnabsicht. Für die Suizidhilfe gäbe es klare Regeln wie Beratungsgespräche und Dokumentationspflicht.

Wer ist dafür?

Renate Künast (Grüne), Gregor Gysi (Linke), Kai Gehring (Grüne), Petra Sitte (Linke) und andere

Der Antrag in voller Länge:

http://www.patrick-sensburg.de/images/Antrag_Suizidbeihilfe.pdf