Beziehungen von EKD und Russisch-orthodoxer Kirche wegen Homo-Ehe in Gefahr

Zwei Frauen mit Verlobungsring
Foto: fotolia/Mike Ireland
Die Debatte über die Anerkennung von Homo-Ehen in Deutschland könnte zum Bruch zwischen EKD und Russisch-orthodoxer Kirche führen.
Beziehungen von EKD und Russisch-orthodoxer Kirche wegen Homo-Ehe in Gefahr
Zu mehreren protestantischen Kirchen hat die Russische Orthodoxe Kirche ihre Beziehungen bereits abgebrochen. Der Grund: Die Anerkennung von gleichgeschlechtlich liebenden Partnerschaften oder Pfarrern.

Nach Ansicht der Orthodoxie-Expertin Gisa Bauer ist es "nur noch eine Frage der Zeit", bis die Russische Orthodoxe Kirche auf die Debatte über die Anerkennung von Homo-Ehen in Deutschland reagieren wird. Schlimmstenfalls drohe der Evangelischen Kirche in Deutschland "ein Abbruch der sowieso schon erschwerten Beziehungen durch das Moskauer Patriarchat", sagte Bauer, Referentin am Konfessionskundlichen Institut Bensheim, dem Evangelischen Pressedienst. Allerdings sei es bemerkenswert, wie intensiv die russische Seite bis jetzt an den Dialogen festhalte.

In den vergangenen Jahren hatte die Russische Orthodoxe Kirche ihre Beziehungen zu mehreren protestantischen Kirchen in der Welt unter Hinweis auf deren Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften oder Pfarrern abgebrochen. Darunter die lutherischen Kirchen von Schweden, Finnland und Dänemark, zu denen gute Kontakte bestanden. Zuletzt traf es Anfang Juni die reformierte Kirche von Schottland und die Vereinigte Protestantische Kirche Frankreichs. Die Beschlüsse der zwei Kirchen hätten die Russisch-Orthodoxen "tief enttäuscht" und seien "unvereinbar mit den Normen der christlichen Moral", hieß es in Moskau.

Beziehungen werden in 70er Jahre zurückgeworfen

Dieser "rasante Abbruch" der Beziehungen werfe den ökumenischen Dialog der 1970er und 1980er Jahren weit zurück, er lasse sich "nicht so schnell wieder aufbauen", sagte Bauer. Das sei auch deshalb bedauerlich, weil die bilateralen Dialoge über theologische Fragen wie Abendmahl, Amtsverständnis, Menschen- und Gottesbild sowie Ekklesiologie oft schon viel weiter gewesen seien als die praktische Umsetzung. "Nun rückt leider ein bisher eher randständiges ethisches Thema in den Mittelpunkt und verdrängt die primären konfessionellen Fragen", sagte Bauer, die eine Professurvertretung an der Evangelisch-Theologischen Fakultät an der Universität München innehat.

Das Verhalten der russisch-orthodoxen Kirche in den vergangenen Jahren hat nach Einschätzung Bauers eher mit Politik als mit Theologie zu tun. Denn das Moskauer Patriarchat versuche gar nicht erst, theologische oder biblische Argumente zu finden, die die Homosexuellen akzeptierten. Stattdessen gehe es darum, "es dem russischen Staat recht zu machen", sagte die Theologin. Präsident Waldimir Putin und große Teile der Duma führen einen sehr harten Kurs gegen Homosexuelle. Und die russisch-orthodoxe Kirche habe sich bei der Diskussion 2014 über ein Referendum für ein Schwulen-Verbot "an die Spitze gesetzt".

Dabei gehe es nicht hauptsächlich um die Homosexuellen, sondern darum, dass der Staat diese Lebensform zu einem Synonym für einen westlich-dekadenten Lebensstil mache. Deshalb sei es "sicher auch kein Zufall", dass die Orthodoxen als erstes Land für den Abbruch der Beziehungen die USA gewählt hätten: 2003 ging es gegen die anglikanische Kirche in den USA, die einen Schwulen zum Bischof gewählt hatte.

Mit dem Abbruch der Beziehungen zu westlichen Kirchen stehen die Russen in der orthodoxen Welt laut Bauer eher allein da. Andere wie die rumänisch-orthodoxe Kirche seien zwar Homosexuellen gegenüber auch nicht offen, könnten aber schon wegen der Antidiskriminierungsregeln der Europäischen Union nicht so rigoros auftreten. Zudem hätten viele orthodoxe Kirchen "ganz andere Probleme" wie die Repressionen des türkischen Staates und die Christenverfolgungen in Syrien und Irak.