Wirbel um Theologen-Habilitation an Mainzer Universität

Wirbel um Theologen-Habilitation an Mainzer Universität
An der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Mainz ist ein Streit um eine unkonventionelle Habilitationsschrift entbrannt.

Wegen mehrerer negativer Gutachten hatte die Fakultät die Schrift abgelehnt, die sich mit bislang unbekannten Aspekten in der Biografie des Theologen Albert Schweitzer befasst. Der Autor Sebastian Moll bestätigte auf Anfrage dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass er mittlerweile mit Hilfe eines Anwalts Widerspruch gegen die Entscheidung eingereicht hat. Die kritischen Gutachten seien fehlerhaft, die Gutachter hätten sich vor allem an seinem unorthodoxen Schreibstil gestört.

Die Ablehnung sei für ihn ein Schock gewesen, sagte Moll, der sich nach eigener Aussage für eine allgemeinverständliche Sprache auch in wissenschaftlichen Publikationen einsetzt und in den vergangenen Jahren mehrere Bücher zu theologischen Themen geschrieben hat. Dabei hatte er auch deutliche Kritik am Zeitgeist der evangelischen Theologie und einer über die Maßen politisch korrekten Kirche geäußert.

Fakultätsdekan Sebastian Grätz verteidigte hingegen die Ablehnung als "nach menschlichem Ermessen gerecht". Drei Gutachter seien unabhängig voneinander zu dem Ergebnis gekommen, dass es der Arbeit an Substanz gefehlt habe, sagte er dem epd: "Wir hatten keine andere Wahl." Grätz wies Vorwürfe zurück, die Fakultät habe mit einem konservativen Kritiker abrechnen wollen. Moll selbst habe gegen Absprachen verstoßen und seine Habilitation bereits vor dem Abschluss des Verfahrens in Buchform veröffentlicht und auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt ("Albert Schweitzer: Meister der Selbstinszenierung").

Da die Arbeit an einer Habilitation normalerweise mehrere Jahre beansprucht und die Autoren gewöhnlich an ihrer Fakultät eingebunden sind, werden fertige Habilitationsschriften extrem selten abgelehnt, ohne dass den Verfassern eine Möglichkeit zum Nachbessern gewährt wird. Die Mainzer Gutenberg-Universität teilte auf Anfrage mit, es habe in den zurückliegenden 20 Jahren an der Hochschule keinen vergleichbaren Fall gegeben.