Gedenkfeiern zur Befreiung der Konzentrationslager vor 70 Jahren in Brandenburg

Gedenkfeiern zur Befreiung der Konzentrationslager vor 70 Jahren in Brandenburg
Zum 70. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen ist am Sonntag in Brandenburg mit bewegenden Gedenkfeiern an die Opfer erinnert worden. Daran nahmen auch rund 160 Überlebende teil, darunter fast 90 Frauen, die von den Nazis in das KZ Ravensbrück verschleppt worden waren.
19.04.2015
epd
Yvonne Jennerjahn

Überlebende und Politiker riefen dazu auf, die Erinnerung an die NS-Verbrechen und ihre Opfer wachzuhalten und Rassismus und Antisemitismus in der Gegenwart entschieden entgegenzutreten.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte in Sachsenhausen, Deutschland habe eine besondere Verantwortung, gegen Unrecht aufzustehen. Das Kriegsende sei keine Befreiung von der Vergangenheit gewesen, sondern "eine Befreiung, um uns der Vergangenheit zu stellen und hoffentlich aus ihr lernen zu können", sagte Steinmeier. Verantwortung zu übernehmen bedeute dabei auch, gegen jede Form von Fremdenhass und Diskriminierung aufzustehen.

"Das Erinnern hat keinen Schlusspunkt", betonte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der an beiden Gedenkfeiern teilnahm. Fremdenhass auf der Straße, Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Morddrohungen gegen Menschen, die sich für Flüchtlinge engagieren, müsse mit deutlicher Gegenwehr und solidarischem Handeln begegnet werden, sagte Woidke. Die "geistigen und praktischen Brandstifter" dürften nicht in dem Glauben gelassen werden, die schweigende Mehrheit zu sein.

Die Ehrenvorsitzende des internationalen Ravensbrück-Komitees, Annette Chalut, betonte, die Opfer der NS-Verbrechen dürften niemals vergessen werden. Es sei nun Aufgabe der kommenden Generationen, diese Erinnerung zu bewahren und weitere Menschheitsverbrechen zu verhindern, sagte die 90-jährige Französin, die als Widerstandskämpferin in Ravensbrück inhaftiert war: "Wir haben die Pflicht zu absoluter Wachsamkeit."

Auch der Präsident des internationalen Sachsenhausen-Komitees, Roger Bordage, und Saul Oren, beide Überlebende des KZ, riefen zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Ideologien der Intoleranz auf. "Wir, die Gefangenen in dieser Hölle, haben niemals unseren Glauben an eine bessere, solidarische und friedliche Zukunft verloren", betonte Bordage in Sachsenhausen.

See gilt als Friedhof

In Ravensbrück sei "jeder Stein mit schmerzlicher Erinnerung verbunden", sagte Chalut. Dort wurden auch neue Rosen zur Erinnerung an die Opfer des Konzentrationslagers gepflanzt. Zum Abschluss der Gedenkfeier wurden nach dem jüdischen Totengebet Kaddisch Blumen ins Wasser des Schwedtsees gelegt, in den einst die SS die Asche Ermordeter schüttete. Der See gilt deshalb auch als Friedhof.

An den Gedenkfeiern in Ravensbrück und Sachsenhausen nahmen auch Vertreter zahlreicher anderer Länder teil, darunter aus Frankreich, Polen, Ungarn, Belgien, Österreich, Luxemburg, Norwegen und Spanien.

In Ravensbrück im Norden Brandenburgs waren zwischen 1939 und 1945 mehr als 150.000 Menschen aus mehr als 40 Nationen inhaftiert. Zehntausende wurden ermordet oder starben an den Haftbedingungen. Ravensbrück war das größte Frauen-KZ der Nationalsozialisten auf deutschem Gebiet. In Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Auch dort kamen Zehntausende ums Leben. Das KZ Sachsenhausen wurde am 22. April 1945, das KZ Ravensbrück am 30. April 1945 von der sowjetischen Armee befreit.