TV-Tipp: "Hochzeitskönig", 20.15 (ARD)

Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Hochzeitskönig", 20.15 (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Hochzeitskönig", 10. April, 20.15 im Ersten
Menschen mit Helfersyndrom neigen dazu, jederzeit Zeit für Andere zu haben, sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse jedoch zu vernachlässigen; zumindest im Fernsehfilm.

Das gilt auch für Hannah König (Aglaia Szyszkowitz), eine Münchener Sozialarbeiterin, die ein viel zu großes Herz für diese Welt hat; das findet jedenfalls ihr Freund, der Streifenpolizist Barney (Marcus Mittermeier). Er hat sich auf ein Patchwork-Wagnis eingelassen und mit Hannah, ihrer 16jährigen Tochter Lia (Anastasia Trebuth) und seinem 12jährigen Sohn Freddy (Joel Sommer) eine vierköpfige Familie gegründet. Zum Abendessen finden sich allerdings stets nur drei Personen ein: weil Hannah nach einem Unfall ihrer Mutter auch noch deren von der Pleite bedrohten Laden für Brautmoden schmeißt.

Ständig auf Achse, immer unter Strom, dauernd im Dienst der guten Sache: So eine Figur kann leicht auch zur Nervensäge werden. Dank Aglaia Szyszkowitz bleibt die Sozialarbeiterin, die mit ihrem pragmatisch bunten Kleidungsstil die jung gebliebene Mittvierzigern demonstriert, selbst dann noch liebenswert, als Barney kaum noch Hoffnung hat, dass aus der Wohngemeinschaft wirklich eine Familie wird. Die Hauptfigur erinnert an die Heldin aus "Das Glück der Anderen" mit Veronica Ferres als alleinstehende Standesbeamtin, die ständig Menschen unter die Haube bringt, selbst aber noch auf den Richtigen wartet. Beide Filme sind nach Drehbüchern von Thomas Kirdorf entstanden. Der Autor ist bekannt für romantische Komödien, die aus dem TV-Alltag herausragen wollen; dafür stehen Titel wie "Alpenglühen", "Küss mich, Kanzler!" oder "Annas Alptraum kurz nach 6". Gleiches gilt für den holländischen Regisseur Ben Verbong, der mit Szyszkowitz 2001 den Kinoerfolg "Das Sams" gedreht hat und bei seinen TV-Engagements ebenfalls besondere Stoffe bevorzugt (zuletzt "Das Mädchen auf dem Meeresgrund" und "Mona kriegt ein Baby"). Die Namen von Autor und Regisseur wecken natürlich gewisse Erwartungen. "Hochzeitskönig" ist zwar bei weitem keine Enttäuschung, aber auch nicht rundum gelungen. Das liegt unter anderem am episodischen Erzählstil, der den Handlungsfluss immer wieder stört.

Größeres Manko, wenn man davon überhaupt sprechen will, ist allerdings die Entscheidung, die Beziehungsprobleme eher beiläufig abzuhandeln. Das ist vor allem deshalb schade, weil Szyszkowitz und Mittermeier sowohl im Mit- wie auch im Gegeneinander als Paar überzeugen. Ins Zentrum rückt jedoch mehr und mehr Ulrike C. Tscharre als Kundin des Brautgeschäfts. Als Hannah rausfindet, dass die Frau ihren Verlobten betrügt, weil sie Geld für ihre Spielsucht braucht, weckt das selbstredend ihren altruistischen Ehrgeiz. Darüber vernachlässigt sie sogar ihren Job, den sie schließlich kündigt, um sich fortan als Hochzeitsplanerin zu betätigen. Außer der spielsüchtigen Jenny hat sie zwar keinerlei Auftraggeber, aber ihr Familienleben kommt dennoch weiterhin zu kurz.

Drehbuch erfreut durch Vielzahl witziger Einfälle

Für die etwas oberflächlich abgehandelte Suchtkrankheit gilt das nicht minder, und dass die beiden Kinder mehr als bloß Klischeepubertierende sind, liegt in erster Linie an den überzeugenden jugendlichen Darstellern. Trotzdem ist "Hochzeitskönig" ein kurzweiliges Vergnügen, zumal eine Amok-Kutschfahrt zu Beginn gleich ein hohes Tempo vorgibt. Auf den rasanten Prolog folgt dann eine lange Rückblende; als Stilmittel nicht neu, aber wirkungsvoll. Außerdem erfreut das Drehbuch durch eine Vielzahl witziger Einfälle (ein Klient Hannahs beschwert sich beim Hersteller von Buchstabennudeln, weil die Tüte zu wenig Vokale enthält), die Verbong ebenso angenehm beiläufig inszeniert wie ein Selbstzitat: Eine Prostituierte (Katharina Marie Schubert), der Barney sein Herz ausschüttet, trägt den gleichen knallroten Lackmantel wie die Heldin aus Verbongs Kinofilm "Lily Was Here", dessen Tittellied zudem erklingt. Filmisch aber ist die Komödie derart konventionell, dass ein geteilter Bildschirm bei Telefonaten zwischen Hannah und Barney schon aus dem Rahmen fällt.