TV-Tipp: "Unverschämtes Glück" (ARD)

TV-Tipp: "Unverschämtes Glück" (ARD)
Am 25. März 2015 um 20:15 Uhr
In Hartmut Schoens Thriller "Alleingang" (2010) waren sie noch Feinde auf Leben und Tod, nun stehen sie scheinbar auf der selben Seite: Für sein Polit-Drama "Unverschämtes Glück" hat der fünffache Grimme-Preisträger ("Zuckerbrot") erneut Armin Rohde und Alexander Held zum darstellerischen Katz-und-Maus-Spiel geladen.

Schoens Drehbuch gehorcht der Devise "Wer Parteifreunde hat, braucht keine Feinde": Johannes Größt (Rohde), Oberbürgermeister einer mittelgroßen Stadt, hat sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet und genießt ein hohes Ansehen, passt als ehrlicher Arbeiter, dem Ergebnisse wichtiger sind als Popularität, aber nicht mehr in die Zeit. Außerdem wirkt er müde; ein Berater (Wilfried Hochholdinger) fordert ihn auf, mehr Optimismus auszustrahlen. Nach einem schweren Autounfall, den er wie durch ein Wunder fast unbeschadet überstanden hat, muss sich Größt eine Auszeit nehmen. Endlich bietet sich ihm die Gelegenheit, in Ruhe sein Leben zu überdenken. Sein Entschluss, sich ausgerechnet wenige Wochen vor der nächsten OB-Wahl aus der Politik zurückzuziehen, ist für seinen Fraktions-Chef Harry Hindenach (Held) allerdings vollkommen inakzeptabel.

Die Rolle des Königsmachers, der hinter den Kulissen die Strippen zieht und auch vor fiesen Tricks nicht zurückschreckt, ist selbstredend wie geschaffen für Alexander Held. In den besten Momenten erinnert "Unverschämtes Glück" an Barry Levinsons Meisterwerk "Wag the Dog" (1997): Selbstredend will Hindenach den Unfall für den Wahlkampf ausschlachten, außerdem muss er die Medien davon überzeugen, dass Größt in alter Frische wiederkehrt. Und dann ist da noch eine junge Praktikantin (Lore Richter). Sie saß während des Unfalls in Größts Auto, ist angeblich seine Geliebte und betrachtet die Ereignisse als Karrieresprungbrett.

Erschütternde Schlusseinstellung

In vielen Momenten wirkt "Unverschämtes Glück" wie eine Politparabel, doch im Grunde ist der Film ein Ehedrama: Heimliche Hauptfigur der Geschichte ist Erika Größt. Katja Flint gelingt das Kunststück, sich neben den wuchtigen Kollegen Rohde und Held zu behaupten, obwohl ihre Erika ein vernachlässigtes und entsprechend verwelktes Mauerblümchen ist. Allein der Anblick dieser verhärmten und von einer Hautkrankheit gezeichneten Frau, deren Dasein sich seit Jahren allein über die Rolle der OB-Gattin definiert, ist ergreifend. Auch sie betrachtet den Unfall ihres Mannes als Chance, und tatsächlich gelingt es ihr zunächst, Johannes zum Rücktritt zu überreden. In einer der wenigen herzerwärmenden Szenen des Films erzählt sich das ungewollt kinderlos gebliebene Paar gegenseitig, welche Wünsche sich die beiden erfüllen werden, wenn sich Größt pensionieren lässt; aber Harry Hindenach hat noch einen letzten Trumpf im Ärmel.

Filmisch fällt "Unverschämtes Glück" gleichfalls aus dem Rahmen. Schoens Arbeiten (zuletzt unter anderem "Die Mauer – Berlin ’61" sowie "Der Grenzer und das Mädchen") zeichnen sich ohnehin stets durch eine ruhige Hand aus. Auch diesmal hat man viel Muße, die Darbietungen der hervorragenden Darsteller zu genießen. Kameramann Andreas Doub hat gerade bei den Innenaufnahmen etwa im Krankenhaus für ein kunstvolles Licht gesorgt. Auch die sparsame, mitunter fast zärtliche Klaviermusik von Matthias Frey passt ausgezeichnet zur Atmosphäre dieses Films, der mit einer fast schon erschütternden Schlusseinstellung endet.