TV-Tipp des Tages: "Alles Verbrecher: Leiche im Keller" (ARD)

TV-Tipp des Tages: "Alles Verbrecher: Leiche im Keller" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Alles Verbrecher: Leiche im Keller", 26. Februar, 20.15 Uhr im Ersten
Alteingesessene Bürger sollen aus einem Stadtviertel vertrieben werden. Im Keller eines Hauses wird die Leiche des zuständigen Bauunternehmers gefunden, eingewickelt in ein Protesttransparent einer Bürgerinitiative, die das Projekt verhindern will.

Als die ARD im Frühjahr 2014 mit "Eiskalte Liebe" den ersten Film der ursprünglich für den heiter bis tödlichen Vorabend konzipierten Krimireihe "Alles Verbrecher" zeigte, wirkte das zunächst wie ein Rückfall in alte Zeiten, als fast alles, was den Stempel der ARD-Tochter Degeto trug, von kaum zu überbietender Harmlosigkeit war. Immerhin hatte die personelle Konstellation Potenzial: Die ältliche Frankfurter Kommissarin Hertha Frohwitter (Ulrike Krumbiegel) und ihr kraftstrotzender junger Kollege Marco Petrassi (Daniel Rodic) aus Offenbach waren ein reizvolles Team. Die Umsetzung der ohnehin recht braven Geschichte war allerdings recht betulich.

Der zweite Film, "Leiche im Keller", ist mindestens eine halbe Klasse besser. Die Dialoge waren schon in "Eiskalte Liebe" pointiert, aber diesmal hat auch die Umsetzung deutlich mehr Biss und Tempo. Beide Komödien sind von der Frankfurter U5 Filmproduktion hergestellt worden; die zweite wirkt allerdings, als hätte sich U5-Teilhaber Rolf Silber nach der etwas fußlahmen Inszenierung durch Jürgen Bretzinger gedacht: "Dann mache ich das doch gleich lieber selbst." Der Hesse Silber ("Echte Kerle") hat das Buch geschrieben und dafür gesorgt, dass noch mehr Mundart gesprochen wird als beim Auftakt. Gerade Oliver Stokowski (geboren in Kassel) und Ernst Stötzner (echter Frankfurter) sorgen für viel Lokalkolorit. Beide beweisen, dass die derbsten Flüche gleich viel harmloser klingen, wenn sie im Dialekt vorgetragen werden.

Gentrifizierung eines Stadtviertels

Auch die Geschichte hat mehr Relevanz: Es geht um Gentrifizierung, also um die Sanierung eines Stadtviertels, aus dem die alteingesessenen Bürger vertrieben werden sollen. Der Titel ist durchaus wörtlich zu verstehen: Im Keller eines Hauses wird die Leiche des zuständigen Bauunternehmers gefunden, eingewickelt in ein Protesttransparent einer Bürgerinitiative, die das Projekt verhindern will. Pikanterweise gehört Quabeck (Stötzner), der Chef von Frohwitter und Petrassi, zum Vorstand dieser Initiative. Auch wenn sich der Verdacht zunächst gegen Raffael Sobcinski (Stokowski), den impulsiven Kompagnon des Toten, richtet: Quabeck ist raus aus den Ermittlungen; was ihn selbstredend nicht davon abhält, trotzdem immer wieder mitzumischen.

Zwischendurch übertreibt es Silber etwas mit den Panorama-Aufnahmen der Frankfurter Skyline (Kamera: Stephan Wagner), aber dafür hat "Leiche im Keller" gleich zu Beginn eine flott geschnittene Verfolgungsjagd zu bieten. Gegenstück sind die Szenen, die in denen die Kommissarin mit ihrem museumsreifen VW Jetta wie eine Wanderbaustelle durch Frankfurt schleicht; Kollege Petrassi darf einen Ford Mustang fahren. Selbst wenn der junge Mann mit den sizilianischen Wurzeln in einer Szene zwei Ganoven verprügeln darf, die seinen Onkel drangsalieren, und sich von einer attraktiven Journalistin (Lisa Tomaschewsky) reinlegen lässt: Silber reduziert die beiden Hauptfiguren längst nicht mehr so konsequent wie der erste Film auf den Gegensatz von Kopf und Körper. Trotzdem bleibt die bekennende Hutträgerin Hertha Frohwitter nicht nur die scharfsinnigere Ermittlerin, sondern auch die interessantere Rolle. Ulrike Krumbiegels Spiel ist zwar auch dank ihrer verstaubten Kleidung nur noch Nuancen von Miss Marple entfernt, aber sie trägt ihre durchaus anspruchsvollen Dialoge mit großer Nonchalance vor. Silber hatte offenbar große Freude daran, gerade die Ermittler mit einer elaborierten Wortwahl zu versehen; wann hört man in einen stinknormalen Krimi schon mal ein Wort wie Atavismus, ohne dass es auch erklärt wird?

Ohnehin zeichnet sich "Leiche im Keller" durch das Bemühen aus, inhaltlich und optisch immer wieder Akzente zu setzen: sei es, dass Quabeck in seiner Freizeit eine alte Dampflok restauriert, oder dass im Getränkemarkt die Mineralwasserflaschen in Zeitlupe durch die Luft fliegen, weil der Besitzer seiner Frau soeben einen Seitensprung gestanden hat. Unbedingt ein Einschaltgrund ist auch Oliver Stokowski, der als Bauunternehmer brüllt und tobt und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt, denn: "Wir sind hier beim Bau, gute Frau."