Warum Freikirchen so große Taufbecken haben

Foto: rinelle/iStockphoto
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Warum Freikirchen so große Taufbecken haben
Der Unterschied fällt schon auf den ersten Blick ins Auge: Während die Taufbecken in evangelischen Landeskirchen in der Regel die Größe einer Schüssel haben, erinnern sie in vielen evangelischen Freikirchen an kleine Schwimmbecken. Mit unterschiedlichen ästhetischen Traditionen bei der Gestaltung von Kirchenräumen hat das freilich nichts zu tun. Es zeigt vielmehr, dass es in der Tauffrage theologische Unterschiede gibt.
19.09.2012
Michael Gruber

Wer wird getauft – und wie geht das vonstatten? Anhand der Beantwortung dieser Fragen lassen sich die Unterschiede zwischen dem landeskirchlichen und dem freikirchlichen Taufverständnis von außen festmachen. In der landeskirchlichen Tradition ist es die Regel, dass Säuglinge getauft werden, indem der Pfarrer ihnen Wasser über den Kopf gießt. Es ist das äußere Zeichen dafür, dass dem Kind die unverdiente Liebe Gottes zugesprochen wird und die Eltern ihr Neugeborenes im christlichen Glauben erziehen wollen.

Das Kind selbst hat auf das Geschehen keinen Einfluss. Es kann weder ja noch nein sagen, denn es versteht nicht, was da passiert. Und hier liegt der Hauptunterschied zu den meisten Freikirchen: Die nämlich taufen ausschließlich Menschen, die sich persönlich für den Glauben an Jesus Christus entschieden haben. Bei der Taufe wird dann der ganze Körper unter Wasser getaucht. 

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"Ja ich will!"

Die bewusste Entscheidung für die Taufe setzt eine gewisse geistige Reife und damit ein bestimmtes Alter voraus. Dieses Taufverständnis schließt also aus, dass Säuglinge oder kleine Kinder getauft werden. Ältere Kinder, Teenager oder Jugendliche können sich demnach aber durchaus schon für den Glauben entscheiden. Deshalb sprechen beispielsweise Baptisten auch nicht von Erwachsenentaufe sondern von Glaubenstaufe.

Landeskirchlich geprägte Theologen würden wohl entgegnen, dass es auch ihnen um den Glauben geht. Und in der Tat: Einig sind sich evangelische Christen allesamt darin, dass Glaube und Taufe im Leben eines Menschen zusammen gehören. Doch im Taufverständnis gibt es unterschiedliche Schwerpunkte: Das landeskirchliche Taufverständnis betont mehr das Angebot der Gnade Gottes, das freikirchliche die glaubende Antwort des Menschen darauf. In den Landeskirchen spielt die Entscheidung in der Regel erst später eine Rolle: Bei der Konfirmation wird dann, wenn der Gläubige alt genug ist, die Taufe bewusst bejaht.

Die Taufe von erwachsenen Menschen gibt es übrigens auch in den Landeskirchen, allerdings ist sie dort die Ausnahme. Sie wird dann vollzogen, wenn jemand der Glaubensgemeinschaft beitreten möchte, der als Kind nicht getauft wurde. Und wer nun befürchtet, dass Säuglinge und Kleinkinder in Freikirchen ohne göttlichen Beistand auskommen müssen, der sei beruhigt: Hier ist es üblich, dass Neugeborene im Gottesdienst gesegnet werden.

Taufe als Tod und Auferstehung

Und schließlich ist da noch die Sache mit dem Untertauchen, das die meisten Freikirchen praktizieren (mit Ausnahme der Methodisten – die übrigens auch Kinder und Erwachsene taufen). Dieser Taufritus unterscheidet sich vom Übergießen mit Wasser, das in den evangelischen Landeskirchen, aber auch in der katholischen Kirche üblich ist.

Der freikirchliche Ritus ist eine symbolische Handlung, der an das Sterben und die Auferstehung Jesu Christi erinnert. Der alte sündige Mensch "stirbt", indem er durch das Untertauchen, bildlich gesprochen, ins Grab gelegt wird. Wenn der Täufer den Täufling dann sofort wieder aus dem Wasser herauszieht, ist dies das Symbol für die Auferstehung, für das neue Leben in Christus, durch dessen Auferstehung die Sünde überwunden wurde.

Gemeint ist damit, dass Getaufte auch in ihrem Alltag engagiert als Christen leben. Römer 6,3 und 4 fasst das zusammen: "Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln."

Das Seelenheil hängt davon nicht ab

Die Taufe als Zuspruch der Liebe Gottes und als äußeres Zeichen der bewussten Glaubensentscheidung: In vielen Freikirchen wird hierauf großer Wert gelegt. Bei den Baptisten (von βαπτίζειν [baptizein], dem griechischen Wort für Untertauchen) ist die Taufe sogar Bestandteil des Namens. Doch eines ist sie in keiner Freikirche: heilsentscheidend. Da gelten für alle evangelischen Christen die reformatischen Grundsätze: sola fide, sola gratia, solus Christus – nicht durch Werke (oder Rituale) ist der Mensch vor Gott gerecht, sondern allein durch den Glauben, durch Gottes Gnade und durch die Heilstat Jesu Christi.