Die Witzbilder der Bibel muss man suchen

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Die Witzbilder der Bibel muss man suchen
Vulgäre Karikaturen, derbe Witze und ironische Bilder - das ist alles keine Erfindung der Neuzeit. Schon die Autoren der Bibel waren nicht zimperlich mit schwarzem Humor. Die Witze muss man allerdings erstmal finden.

Das Wort Humor kommt von "Feuchtigkeit, Lebenssaft". Humor bringt ins Fließen, wo alles vertrocknet und festgefahren ist. Humor weckt neue Lebensgeister. Wie ein Regen die unfruchtbare Wüste in fruchtbaren Boden verwandelt, kann ein "saftiger" Scherz die Körpersäfte in Wallung bringen – bis hin zu Lachtränen.

Der englische Prediger Charles Spurgeon (1834 bis 1892) war für seine "saftigen" humorvollen Predigten bekannt, die in vielen Hörern Erstarrtes lösten und Glauben erweckten. Kollegen, die ihre Zuhörer mit trockene Predigten abspeisten, charakterisierte der Prediger, der ähnlich wie Luther einem derben Scherz nicht abgeneigt war, folgerichtig mit einem Witz: "Manche Prediger wollen sich offenbar als Märtyrer empfehlen. Die sind so trocken, dass sie bestimmt gut brennen."

Dass auch der Bibel Ironie und Satire als Mittel eingesetzt werden, um festgefahrene Haltungen in Bewegung zu bringen und neue Einsicht fließen zu lassen, wird häufig übersehen. Dabei ist die Bibel an vielen Stellen eben keine trockene Epistel, sondern durchaus humorvoll und witzig. Man muss es nur entdecken.

Paulus - zu derb für die Lutherbibel 1912

In der ersten Kömodie der Bibel, in 1. Samuel 21,11-16, stellt David sich äußerst gewitzt wahnsinnig, um seinem Verfolger Saul zu entkommen. Dank seinem verzweifelten Schauspiel bleibt David unerkannt und veranlasst den König von Gat zu den wohl als Bonmot überlieferten Seufzer: "Ich habe doch am Hofe wahrlich genug Wahnsinnige - was wollt ihr mit einem weiteren?"

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Auch der Witz, den der Apostel Paulus in Galater 5,12 vom Stapel lässt, erschließt sich erst beim genauen Lesen. Obwohl dieser Vers für den Theologen Hans von Campenhausen 1957 der Anlass war, seinen Aufsatz "Von den Anfängen des christlichen Humors" zu schreiben.

Der Hintergrund für den grob zu nennenden Paulus-Witz ist schnell skizziert: Die Gemeinde in Galatien wird von gesetzestreuen Judenchristen aufgemischt. Sie behaupten, Paulus betone andernorts nicht nur die Notwendigkeit von Glaube und Taufe, sondern er fordere auch die Beschneidung. Darüber ist der Völkerapostel erbost, denn gerade weil er ja auf die Beschneidung verzichtet, wird er verfolgt. Und so schreibt er: "Ich wünschte, die, die Euch verwirren, wären konsequent und kastrierten sich gleich!" Paulus übertreibt hier mit so derber Wortwahl, dass diese Bibelstelle von 1912 bis 1950 in der revidierten Lutherbibel schlicht fehlte. Das allerdings grenzt an Realsatire.

Kamel im Bauch und Balken im Auge

Wer ansonsten Ironie und Satire in der Bibel entdecken will, tut gut daran, nicht bloß nach dem trockenen Sinnextrakt eines Textes zu suchen. Vor lauter "heiligem Ernst" entgeht einem sonst das Humorvolle und Witzige. So rät Peter Bukowski, langjähiger Vorsitzender des Reformierten Bundes, sich manche Szenen bildlich vorzustellen. Etwa, wie Gott auf die Ankündigung der Menschen reagiert, einen Turm bis an den Himmel bauen (1. Mose 11). Mit unüberhörbarer Ironie heißt es dort: "Da fuhr der Herr hernieder, dass er den Turm sähe." Als würde eine Nadel in einen Luftballon gestochen – so werden die hochfliegenden Pläne der Menschen mit dem Mittel des Humors als Luftschlösser enttarnt.

Diesen spöttisch-kabarettistischen Humor gibt es auch beim Propheten Jesaja. "Der Zimmermann fällt eine Zeder oder Eiche. Teils heizt er damit den Ofen an, um Brot zu backen, teils schnitzt er daraus einen Gott. Die eine Hälfte macht er zu Holzkohle und brät Fleisch darauf. Die andere Hälfte macht er zur Statue, kniet davor nieder und spricht: Rette mich, mein Gott", persifliert der Prophet (Jesaja 44, 14-17) die Götzenanbeter und kann sich sicher sein, die Lacher auf seiner Seite zu haben.

An anderer Stelle beschreibt Jesaja den geradezu grimmig zu nennenden Humor Gottes. Jesaja hatte die Priester angeprangert, weil sie "vom Wein toll geworden, taumelnd und verwirrt" (Jesaja 28,7) waren und offensichtlich den Geist des Weins mehr liebten als den Geist des Herrn. Als die sich mit beißendem Spott gegen jede Kritik verwahren, ahmt der Prophet ihr Lallen nach: "Darum soll auch so das Wort des Herrn an sie ergehen: Zaw lazaw, zaw lazaw, kaw lakaw, kaw lakaw, hier ein wenig, dort ein wenig" (Jesaja 28,13), zu deutsch: So wird Gott Euch anlallen! Blabla und Papperlapapp wird er euch geben bis ihr "rücklings umfallt". 

Auch in der Verkündigung Jesu sind humorvolle Spitzen, jüdischer Mutterwitz und ein verschmitzt rabbinisches Schmunzeln unüberhörbar. Man muss sich seine Worte nur plastisch vorstellen: "Ihr blinden Blindenführer, die ihr eine Mücke heraus siebt und ein Kamel verschluckt!" (Matthäus 23,24). Oder: "Ihr berechnet auch noch den Zehnten von Minze, Dill und Kümmel!" (Matthäus 23,23). Auch die Vorstellung, mit einem Balken im Auge – nein, nicht etwa mit einem Brett vorm Kopf – einem anderen ein Splitterchen herausoperieren zu wollen (Matthäus 7,5), entbehrt nicht einer gewissen Komik.