Avi Primor: Deutsche beim Umgang mit Geschichte ein Vorbild

Avi Primor: Deutsche beim Umgang mit Geschichte ein Vorbild
Der ehemalige israelische Botschafter Primor spricht zum Volkstrauertag und lobt Deutschland für seine Erinnerungskultur. Im "Wald der Erinnerung" bei Geltow in Brandenburg wird künftig getöteter Angehöriger der Bundeswehr gedacht.

Zum Volkstrauertag hat Avi Primor die Deutschen für ihre Auseinandersetzung mit der Geschichte gelobt. In der Erforschung des eigenen Gewissens seien sie weltweit ein Vorbild, sagte der ehemalige israelische Botschafter am Sonntag in der Gedenkstunde des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Bundestag in Berlin. Am Samstag bereits hatte die Bundeswehr eine neue Gedenkstätte für ihre im Dienst gestorbenen Soldaten und zivilen Mitarbeiter eingeweiht.

Im "Wald der Erinnerung" bei Geltow in Brandenburg sollen die bisherigen Ehrenhaine aus den verschiedenen Einsatzgebieten der Bundeswehr wie Afghanistan und Bosnien zusammengeführt werden. Er ist darüber hinaus allen Angehörigen der Bundeswehr gewidmet, die im Dienst ums Leben kamen, und soll das Ehrenmal am Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums ergänzen.

Geltow bei Potsdam ist Sitz des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, das die Auslandseinsätze plant und koordiniert. Seit der Gründung der Bundeswehr 1955 kamen nach Angaben des Verteidigungsministeriums rund 3.200 militärische und zivile Angehörige im Dienst ums Leben. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gedachte am Samstag in dem abgelegenen Waldstück gemeinsam mit Bundespräsident Joachim Gauck der der mehr als 100 Soldaten, die seit 1992 bei deutschen Auslandseinsätzen ums Leben kamen.

Avi Primor: Mit so einem Deutschland trauere ich gern zusammen

Primor sagte in der Gedenkstunde zum Volkstrauertag, Deutschland habe als einziges Land in der Welt die "Erinnerung an die eigene nationale Schande" in Denkmälern verewigt. "Mit so einem Deutschland trauere ich gerne zusammen", betonte der 79 Jahre Publizist, der von 1993 bis 1999 Botschafter Israels in Deutschland war.

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Volksbund-Präsident Markus Meckel rief in der Gedenkstunde dazu auf, der Realität ins Auge zu blicken, dass auf Soldatenfriedhöfen oft Täter und Opfer nebeneinander begraben sind - "überzeugte Nazis wie ihre Gegner". Es gehöre zu den Grundüberzeugungen in einem Rechtsstaat, dass auch der Straftäter seine Würde als Menschen nicht verliere. "Auch der, der sich schwer schuldig gemacht hat, verdient ein Grab", sagte Meckel.

Der Volksbund-Präsident hatte zuvor in einem Zeitungsinterview einen neuen Namen für die Organisation angeregt. Für jüngere Menschen sei die Bezeichnung als Volksbund erst einmal ein Hindernis, sagte Meckel im Interview des Bremer "Kurier am Sonntag". Es müsse überlegt werden, den Namen noch vor dem 100-jährigen Bestehen im Jahr 2019 zu verändern. "Ich hielte es für eine gute Idee, unseren Namen präziser auf die heutige Situation abzustimmen."

Auch in einigen Bundesländer fanden Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag statt. So sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) am Samstag in Würzburg, die Erinnerung an die Kriegsopfer sei ein wichtiger Bestandteil der Friedenssicherung. In Aachen erinnerte die Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtages, Carina Gödecke (SPD) an die Verantwortung Europas und Deutschlands für den Frieden. "Diese Verantwortung gilt auch für die vielen Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, um Leib und Leben zu retten."

Der Volkstrauertag, der jeweils zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen wird, wurde in der Bundesrepublik Deutschland 1952 auf Anregung des Volksbundes wieder eingeführt. Die Ursprünge reichen bis in das Jahr 1922. Damals veranstaltete der Volksbund eine Feier, um das Gedenken an die Toten des Ersten Weltkrieges zu wahren.