Eckhart von Vietinghoff: "Mut zum Risiko und zum Irrtum"

Foto: epd-bild/Jens Schulze
Eckhart von Vietinghoff, hier kurz vor seinem Ruhestand im Alter von 63 Jahren, wird am 7. Oktober 2014 70 Jahre alt.
Eckhart von Vietinghoff: "Mut zum Risiko und zum Irrtum"
Der profilierte Kirchenvordenker Eckhart von Vietinghoff wird 70
Der ehemalige hannoversche Kirchenamtspräsident und GEP-Vorsitzende Eckhart von Vietinghoff wird 70 Jahre alt. "Wir müssen weg von der Orientierung auf die Tagesprobleme", mit dem Motto blickt er noch immer auf seine Kirche.

Bis heute gilt der langjährige Kirchenamtspräsident der hannoverschen Landeskirche, Eckhart von Vietinghoff, als Vermittler und Vordenker in der evangelischen Kirche. Am 7. Oktober feiert der promovierte Jurist seinen 70. Geburtstag. Fast ein Vierteljahrhundert leitete er von 1984 bis zu seinem Ruhestand 2008 die Verwaltung der mit knapp 2,8 Millionen Mitgliedern größten Landeskirche in Deutschland. Außerdem gehörte er zwölf Jahre lang dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an.

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Für die Gemeinschaft der evangelischen Kirchen in Deutschland habe sich Vietinghoff immer wieder verdient gemacht, schreibt der Präsident des EKD-Kirchenamtes, Hans Ulrich Anke, in seiner Gratulation. "Er hat als Vordenker und Gestalter die Arbeit der evangelischen Kirche überzeugend geprägt."

Von Vietinghoff wurde 1944 in Göttingen geboren und studierte Rechtswissenschaft in Freiburg, Hamburg und Göttingen. Von 1974 an war er im höheren Verwaltungsdienst des Landes Niedersachsen tätig, unter anderem im Wissenschaftsministerium und in der Staatskanzlei. 1980 wurde er Oberstadtdirektor in Hildesheim. 1984 wechselte er zur Landeskirche. Er ist mit einer Richterin verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.

Der überzeugte Protestant engagierte sich auf allen kirchlichen Ebenen. In einem Interview brachte er es auf die Formel: "Rausgehen, sich dem Wind stellen, Neues versuchen, Mut zum Risiko und zum Irrtum." So führte er nach der deutschen Einheit die ost- und westdeutschen Kirchen in ihrem erbitterten Streit um die Militärseelsorge zu einem Konsens. Unter seinem Vorsitz wurde auch das Medienengagement der EKD im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt am Main reformiert, das heute unter anderem evangelisch.de beherbergt. Von Vietinghoff war von 1990 bis 1992 und 1998 bis 2004 Vorstandsvorsitzender des GEP.

Die komplexen Strukturen des Protestantismus haben ihn zeitlebens beschäftigt. Vor zwölf Jahren schlug er vor, die konfessionellen Verbände unter dem Dach der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu vereinen. Mit seinen "Unfrisierten Gedanken", wie er seine Schrift für mehr Profil der Kirche und eine stärkere EKD nannte, brachte er zunächst weite Teile des eigenen lutherischen Lagers gegen sich auf. Letztlich stieß er aber auf große Zustimmung in den Landeskirchen.

"Nicht wie das Kaninchen vor der Schlange warten"

Zu seinen Schwerpunktthemen in Hannover gehörte auch die Diakonie. Von 2006 bis zum Februar 2014 war er Aufsichtsratsvorsitzender der Diakonische Dienste Hannover gGmbH. Sie zählt zu den größten diakonischen Einrichtungen in Deutschland mit 4.500 Mitarbeitern in drei Krankenhäusern sowie Behinderten-, Alten- und Reha-Zentren. Als von Vietinghoff 2007 in den Ruhestand ging, würdigte ihn der Kirchensenat der hannoverschen Landeskirche als "prägende Persönlichkeit" für die Landeskirche und die EKD.

2008 verlieh ihm die Theologische Fakultät der Universität Göttingen den Ehrendoktortitel. Von Vietinghoff ist außerdem Rechtsritter des Johanniterordens, Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und seit 2010 Vorsitzender der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Stiftung KiBa). 2014 wurde er außerdem mit dem Kronenkreuz in Gold des Diakonischen Werkes der EKD ausgezeichnet.

Von Vietinghoff ging es stets darum, rechtzeitig aktiv zu werden: "Wir müssen weg von der Orientierung auf die Tagesprobleme. Schließlich sind wir keine Karnickel, die auf die Schlange gucken und warten, wann sie nun verschlungen werden." Er setzte sich für eine selbstbewusste, in der Gesellschaft wirkende Kirche ein und wetterte auch gern mal gegen protestantische Selbstbezogenheit. An seine Kirche appellierte er zum Ende seiner Dienstzeit, sich auf die Themen von heute einzustellen: "Die Bedingungen der letzten 50 Jahre sind vergangene Welten."