Tattoos: Wenn Glaube unter die Haut geht

Tattoos: Wenn Glaube unter die Haut geht
Wenn der Glaube auch unter die Haut geht: Betreiber von Tattoo-Studios berichten, dass christliche Symbole bei Tätowierungen beliebter werden. Ob Kreuze, Engel oder der Name Jesus - viele Tätowierte zeigen offen ihren Glauben.
03.08.2010
Von Andreas Rehnolt

"Glaube, Hoffnung, Liebe. Das sind für mich Ideale, denen ich nachstreben möchte," sagt die 24 Jahre alte Simone, die in einem Essener Tattoo-Studio Vorlagen für eine Tätowierung sucht. Diese drei göttlichen Tugenden stehen schon in der Bibel, im ersten Korintherbrief, wie die junge Frau weiß. Der 21-jährige Herbert aus Düsseldorf hat sich schon vor einigen Monaten für ein religiöses Motiv entschieden. Für den jungen Mann, der auf einen Studienplatz wartet, ist es der Ichtys, ein stilisierter Fisch. Er trägt das alte Christus-Symbol als Tattoo nun auf seinem rechten Oberarm wegen seiner vielfachen biblischen Bedeutungen.

"Schon die ersten Christen haben den Ichtys als heimliches Symbol verwendet, um herauszufinden, ob eine Person ein Christ war oder nicht", sagt der angehende Student. Und mit Simone ist er keine Ausnahme, was die Auswahl religiöser Motive anbelangt. Auf einer bundesweiten Tattoo-Messe im Juli in Dortmund berichteten viele Aussteller davon, dass die Zahl religiöser Symbole bei den Tätowierungen stark zunimmt. Eine junge Frau erklärte auf der Messe, sie wolle im wahrsten Sinne des Wortes, dass der Glaube ihr "unter die Haut" geht.

Populäre christliche Symbole

Die populärsten christlichen Symbole bei den Tattoos sind Kreuze, gefaltete Hände, Jesus Christus, Engel und Tauben. Auch die Jungfrau Maria, Rosenkranz-Perlen, eine Dornenkrone oder Jesus am Kreuz werden häufig gestochen. Der Betreiber eines Essener Tattoo-Studios hat selbst die Symbole Kreuz (Glaube), Herz (Liebe) und Anker (Hoffnung) auf dem Oberkörper sowie Jesus mit Dornenkrone. "Das waren früher vor allem Seeleute, die sich die Symbole auf den Körper tätowieren ließen. Sie glaubten wohl, dass sie sich so vor den Gefahren der Seefahrt schützen konnten", meint der 34-Jährige.

Tattoos gibt es schon seit Jahrtausenden. Ob sie nun als Schönheitsbemalungen aufgetragen oder als Stammeszugehörigkeits-Symbole in die Haut eingeritzt wurden. Auch die Kreuzfahrer stachen sich Erkennungsmerkmale, um im Falle des Todes ein christliches Begräbnis zu bekommen. Und die ägyptischen Christen, die Kopten, sind bis heute stolze Tattoo-Träger.

In der NS-Zeit wurden Tätowierungen dagegen zum Symbol der Gräueltaten in den Konzentrationslagern. Als lebenslanges Zeichen der Unterdrückung wurden sie von den Nationalsozialisten eingesetzt. Sie ritzten Juden und anderen KZ-Insassen eine Nummer in die Haut, um sie identifizieren zu können.

Zeichen sozialer Randgruppen

Über Jahrzehnte hinweg waren Tätowierungen in Deutschland eher negativ belegt und galten als Zeichen sozialer Randgruppen: Rockergruppen, Angehörige von Großstadt-Gangs, Hooligans oder Strafgefangene trugen Tattoos.

Seit einigen Jahren ist das anders. Tattoos sind "in", ihre charakteristischen Ornamente finden sich auf Fotografien in Modezeitschriften, auf CD-Hüllen und Werbeplakaten und schmücken als echte Körperzeichen Arme, Schultern und Rücken prominenter Leute wie Sänger Robbie Williams und Britney Spears, Schauspieler Julia Roberts und Johnny Depp.

Auch bei der vergangenen Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika zeigten viele Spieler religiöse Motive als Tattoos. Jerome Boateng etwa hat sich die betende Jungfrau auf den linken Unterarm tätowieren lassen, der für England spielende Wayne Rooney trägt auf der linken Schulter ein Georgskreuz, auch Symbol für England.

Jesus auf dem Unterarm

Während Tätowierungen früher oft nur an verdeckten Stellen des Körpers getragen wurden, haftet ihnen heute nicht mehr das Schmuddel-Image an. Für die 26 Jahre alte Sabrina aus Köln ist es ganz selbstverständlich, dass sie sich den Namen "Jesus" auf ihren linken Unterarm hat stechen lassen. "Es stimmt schon, dass das wehtut, aber Jesus hatte viel mehr zu erdulden", betont die gläubige Protestantin.

Ihre Freundin Jessica hat sich vor einigen Monaten eine Madonna auf die rechte Schulter tätowieren lassen. "Ich stehe zum Tattoo und zu meinem Glauben. Das kann und darf jeder sehen", sagt die junge Frau.

Auch die Kirche selbst hat inzwischen Tattoos entdeckt und setzt sie werbewirksam ein. Die am Hamburger Hafen gelegene St. Pauli Kirche etwa hat ein abwaschbares "Glaubens-Tattoo" aufgelegt: Ein Kreuz, ein Herz und ein Anker als Zeichen für Glaube, Liebe und Hoffnung. "Das Glaubens-Tattoo steht dafür, dass die christliche Botschaft unter die Haut geht, indem sie Menschen nahe kommt und sie berührt", heißt es aus der Gemeinde. In den USA sollen inzwischen rund 25 Prozent aller Tattoos religiöse Symbole zeigen.

epd