Nur ein Film?

Nur ein Film?
Szene aus dem Film Out in the Dark
Szene aus "Out in the Dark" (Pro-Fun Media GmbH)
In Bad Säckingen sind evangelische und islamische Vertreter vereint in der Ablehnung eines schwulen Films im Programm einer interkulturellen Woche. Über einen Aufreger, der keiner sein will.

Als Blogger achtet man die Woche über auf Meldungen in den Medien. Das "Altpapier" macht das täglich mit sachlich-objektiver meta-sexueller Professionalität. Ich mache das, wie denn auch sonst, mit meinen zur Homosexualität neigenden Augen und Ohren. Was wird gemeldet, was wird zum Aufreger, regt es einen selbst auch auf, habe ich überhaupt eine Meinung zu dem, worüber ich mich aufregen soll, und - nicht zuletzt - eignet sich der Aufreger als Thema für "kreuz & queer"?

Dass ein Film mit homosexueller Thematik nicht im Rahmen einer interkulturellen Woche gezeigt wird, weil der multikulturelle Beirat dies ablehnt, wäre vielleicht noch unter "ärgerlich" zu verbuchen. Dass dies aber nach einer Drohung der türkisch-islamischen Gemeinde, im Falle der Filmvorführung aus der interkulturellen Woche auszusteigen, geschah - und dies durch die evangelischen Vertreter im Beirat gebilligt wurde, weil man die Kooperation nicht gefährden wollte, ist dann allerdings schon mehr als ärgerlich.

Über die Vorgänge berichtete der "Südkurier" in seinem Beitrag "Film zur Homosexualität sorgt für Differenzen bei interkultureller Woche" am 28. September 2016. Konkret geht es um die interkulturelle Woche, die Ende September/Anfang Oktober in Bad Säckingen stattfand - just unter dem Motto "Vielfalt – das Beste gegen Einfalt". Kurzfristig war vom Jugendhaus der Vorschlag gemacht worden, den Film "Out in the Dark" zu zeigen. Er handelt von der Liebe zwischen einem Israeli und einem Palästinenser vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Konflikte in und zwischen ihren Heimatländern. Die Ablehnung erfolgte aber wohl weniger wegen des politischen Themas, als wegen des Themas Homosexualität, aber eigentlich, so versichern die Beteiligten, auch nicht wirklich deswegen. Der Vorschlag, den Film zu zeigen, sei zu kurzfristig eingebracht worden. Die türkisch-islamische Gemeinde fühlte sich überfahren, schließlich sei Homosexualität für den Islam ein kritischer Punkt, da müsse man sich erst eingehend damit auseinandersetzen. Auch dem evangelischen Vertreter war die Zeit zu knapp, und dann habe man die Veranstaltungswoche "nicht mit diesem zusätzlichen Thema belasten wollen". Aber an sich, auch das geht noch aus dem Bericht des "Südkurier" hervor, hat keine der Parteien irgendein Problem mit dem Thema Homosexualität.

Ist das jetzt ein Aufreger oder schlicht nur dumm gelaufen?

Ich finde es etwas befremdlich, dass die türkisch-islamische Gemeinde mit dem Argument kommt, man müsse sich mit dem Thema Homosexualität besonders auseinandersetzen. Und die Wortwahl des christlichen Vertreters, die zunächst so klingt, als sei Homosexualität ein "belastendes" Thema, scheint mir ebenfalls nicht sehr glücklich. Schwulsein, so wird - bewusst oder unbewusst - vermittelt, ist halt ein Problem - und das schiebt man erst mal weg von sich! Jedenfalls mochte man nicht die Besucherinnen und Besucher selbst entscheiden lassen, ob sie einen Film gucken wollen oder nicht und ob sie ihn danach gut finden oder nicht.

Was das Erfreuliche ist: Der Vertreter der türkisch-islamischen Gemeinde will dem Jugendhaus und einer örtlichen Lesben- und Schwulengruppe das Angebot einer gemeinsamen öffentlichen Veranstaltung gemacht haben. "Grundsätzlich scheuen wir uns nicht, über das Thema Homosexualität zu sprechen", wird Oguz Islam vom "Südkurier" zitiert. Winfried Oelschlegel, evangelischer Gemeindepfarrer, nahm in der "taz" nochmals Stellung, verteidigte die Entscheidung, den Film aus Zeitgründen nicht ins Programm zu nehmen. Er habe dem Jugendhaus angeboten, "den Film schnellstmöglich auf einer Informationsveranstaltung zu zeigen, gern auch im evangelischen Gemeindehaus".

War das jetzt also ein Aufreger oder nur dumm gelaufen?

Auf alle Fälle war es gut, dass der "Südkurier" über die Streitigkeiten im multikulturellen Beirat in Bad Säckingen berichtet hat. Jetzt muss man hoffen, dass der Film gut genug ist, das anscheinend nötige Gespräch - vielleicht neben Homosexualität in Bad Säckingen im Speziellen auch über die Weltlage im Allgemeinen - zu befördern. Und dass alle Beteiligten ihre guten Vorsätze auch beherzigen. Dann muss man sich im nächsten Jahr - weder von islamischer noch christlicher Seite - nicht noch einmal von einem schwulen Film überrumpelt zeigen ... und vom Thema Homosexualität gleich gar nicht.

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