Zum Laun_e Verderben

Zum Laun_e Verderben
Foto: Katharina Payk
Letzte Woche fand in Salzburg der ökumenische Bekenntniskongress statt. (Nicht nur) Weihbischof Laun (Salzburg) nutzte die Gelegenheit, seine abstrusen Überzeugungen kundzutun.

Ich weiß nicht, ob ich mich 'fremdschämen' soll oder aufregen soll. Für Wut ist das, was ich dieser Tage von gewissen christlichen Lagern lese und höre aber fast zu dumm. Es ist töricht, einfältig und blöde. Mir tun Menschen eigentlich auch irgendwie leid, die so denken und fühlen, weil sie so eingeschränkt sind in ihrer Sicht auf das Leben, die Menschen – auf Gott. Aber es ist nicht nur dumm, was da auf dem Ökumenischen Bekenntniskongress in Salzburg propagiert wurde. Es ist auch menschenverachtend. Unterste Schublade. Und deshalb schreibe und informiere ich darüber.

Der Kongress wurde organisiert von der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften (IKBG), die als überkonfessioneller Zusammenschluss von christlichen Hardcore-Fundamentalist_innen bezeichnet werden kann. Die Tagung fand unter dem Titel "Die gute Schöpfung und ihre Bedrohung" statt. Vorwiegende Themen der Tagung – die 'Bedrohung' also – waren Homosexualität, Schwangerschaftsabbruch und die sog. Gender-Ideologie. Schon im Vorhinein konnte auf der Homepage nachgelesen werden, um was es der IKBG geht:

"Geistes- und kulturgeschichtlich ist nach Jesus mit einem Überhandnehmen der Anomia, wörtlich 'Gesetzlosigkeit', zu rechnen, der Missachtung und Außerkraftsetzung der göttlichen Ordnungen und Gebote (Mt 24,12). Eine solche erleben wir heute im sexuellen Libertinismus und der programmatischen, gar staatlich legalisierten Nivellierung der die Ehe und Familie begründenden polaren Ergänzung der beiden Geschlechter. Das geschieht aggressiv durch die Homo-Bewegung und in der Gender-Ideologie. Furchtbar ist die faktisch von allen Parteien in allen Ländern legalisierte, ja sogar finanziell geförderte (!) Abtreibung ungeborener Kinder, dem zahlenmäßig größten Massenmord seit Menschengedenken."[1]

Während der deutsche evangelische Theologe Prof. Dr. Peter P. J. Beyerhaus ein Referat mit dem für sich selbst sprechenden Titel "Anomia und die antichristliche Dimension der Genderideologie" hielt, sprach der österreichische römisch-katholische Weihbischof Andreas Laun über den "mutmaßlich zerstörerischen Einfluss von Homosexuellen", wie queer.de es ausdrückte.

Genderwissenschaft sei als "eine Bedrohung der menschlichen Geschöpflichkeit" anzusehen, wie es in der vom Kongress verfassten 'Salzburger Erklärung' heißt. Davon abgesehen, dass die Verfasser_innen der Erklärung mit ihrer Wortwahl unterstreichen, dass sich ihnen das Konzept Gender und dessen (politische) Konsequenzen nicht erschlossen hat, ziehen sie absurde theologische Schlüsse daraus. Eine Theorie und Praxis, die die Vielfalt des Menschseins betont, die die Option von Dekonstruktion beengender Kategorisierungen bereitstellt, kann nur von einer essentialistischen Theologie bekämpft werden, die Menschen aufgrund vermeintlicher biologischer Merkmale in die eine oder die andere Schublade einsortiert, und in richtig oder falsch. Wo ist also die Ideologie?!

Weihbischof Laun ist selbst schwarze Parteipolitik in Österreich nicht konservativ genug[2]. Mit der Begründung "Homosexualität stellt keinen Nutzen für die Allgemeinheit dar, sondern eher im Gegenteil: Homosexuelle Aktivitäten bergen ein Gesundheitsrisiko in sich, wie es für andere Menschen nicht besteht"[3] wendet er sich nicht nur gegen jegliche Gleichbehandlung, sondern diskriminiert Schwule, Lesben und Bisexuelle und stigmatisiert sie zu einer Gefahrenquelle – was jeglicher Logik und Realität entbehrt. Ganz davon abgesehen, dass der Begriff 'Nutzen' hier nicht nur fehl am Platz ist, sondern in gefährliche Ideologien (Welcher Mensch ist von Nutzen) abgleitet.

"Seit seinem Amtsantritt als Salzburger Weihbischof im Jahr 1995 hat Andreas Laun den Kampf gegen eine ‚Homosexualisierung der Gesellschaft‘ zu seinem Schwerpunkt gemacht. Kein anderer katholischer Würdenträger aus Österreich ist mit so vielen abstrusen und diskriminierenden Äußerungen aufgefallen."[4], so queer.de. Über etwaige abgründige Vergleiche Launs zwischen dem 'Tolerieren' des Engagements für die Rechte Homosexueller und dem Schweigen über die Verbrechen der NS-Diktatur berichteten die Salzburger Nachrichten Anfang des Jahres.[5]

Auch letzte Woche in Salzburg gab es von Laun wieder klare Kampfansagen gegen das, von dem er sich offensichtlich massiv bedroht fühlt: der Liebe und der Sexualität. So sagte er bezüglich der Beugehaft, die über die Standesbeamtin Kim Davis verhängt wurde, welche sich geweigert hatte, gleichgeschlechtlichen Paaren Traudokumente auszustellen, "angesichts solcher Fälle packe ihn eine 'heilige Wut'. Man dürfe eine sündige Neigung wie Homosexualität nicht zu einem Menschenrecht stilisieren. Der Mensch sei moralischen Gesetzen unterworfen, die er nicht ungestraft übertreten dürfe.", berichtet kath.net, die Nachrichtenseite, die erzkonservative Theologie wie die des Weihbischofs supportet.

Die Aussagen Launs zur Schwangerschaftsabbruchthematik sind an Frauen*feindlichkeit kaum zu überbieten: Selbst bei Schwangerschaften durch Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch solle ein Schwangerschaftsabbruch verboten sein. Frauen* müssten vor einer weiteren Traumatisierung – dem Schwangerschaftsabbruch – geschützt werden, indem ihnen verboten wird ‚abzutreiben‘. Schwangerschaftsabbrüche seien selbst bei Vergewaltigungen ‚sündhaft‘, " weil das Kind das Recht auf Leben hat und weil das Unrecht an der Frau nicht durch ein anderes Unrecht rückgängig gemacht werden kann"[6], so Laun.

Selbstbestimmung - sei es persönliche, sexuelle, reproduktive oder geschlechtliche - sind für den katholischen Würdenträger nicht mit der christlichen Lehre vereinbar. Puh.

Es bleibt die Frage (mir im Halse stecken), wie es sein kann, dass solche kruden Aussagen von einer christlichen Kirche noch getragen werden können. Auch wenn ich nicht dazu gehöre! – Ja, nein, doch…: Ich schäme mich.

 

[1] "Christi Wiederkunft –unsere gemeinsame Hoffnung. Eschatologische Orientierungshilfe der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften", zu finden auf www.ikbg.net

[2] Vgl. Laun, Andreas: "Es gibt in Österreich keine Diskriminierung homosexueller Paare", http://www.kath.net/news/18317

[3] Laun, Andreas: "Es gibt in Österreich keine Diskriminierung homosexueller Paare", http://www.kath.net/news/18317

[4] http://www.queer.de/detail.php?article_id=24444

[5] Vgl. http://www.salzburg.com/nachrichten/salzburg/chronik/sn/artikel/salzburger-weihbischof-laun-vergleicht-schwule-mit-nazis-136551/

[6] http://www.profil.at/oesterreich/interview-weihbischof-andreas-laun-abtreibungsverbot-5822497

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