Ein bisschen Schwund ist immer

Ein bisschen Schwund ist immer

Geduld und Langmut sind in diesem Gartenfrühjahr die Charaktereigenschaften, die wir Hobbygärtner am dringendsten brauchen. Wegen des anhaltend kühlen Wetters hinkt die Natur drei bis vier Wochen hinterher – vereinzelt sind am Straßenrand sogar noch blühende Narzissen zu sehen! Ende Mai!

Da ich bekanntlich keine englische Hardcore-Gärtnerin sondern eine verweichlichte Kontinentaleuropäerin bin, fiel es mir bisher allerdings recht leicht, die Füße bzw. Spaten stillzuhalten. Was gut war, denn sonst hätte ich wohl in meiner Ungeduld schon einige Pflanzen aufgegeben und herausgerissen, weil ich glaubte, sie seien eingegangen. So aber konnten sie mir das Gegenteil zu beweisen – eine Fuchsie und zwei Farne treiben jetzt erst langsam aus und genießen den Regen.

Für andere jedoch kommen definitiv alle Wiederbelebungsversuche zu spät. 1 Clematis, 2 Salbei, 3 Skabiosen und 4 Stockrosen haben den für englische Verhältnisse recht harten Winter nicht überlebt. Ich sehe das aber recht gelassen (der Langmut, Sie verstehen). Denn diesen zehn eingegangen Pflanzen stehen jede Menge andere gegenüber, die von ganz allein den Weg in unseren Garten gefunden haben, ohne dass ich mich um sie besonders bemüht habe. Ich habe kein Geld für sie ausgegeben, sie nicht eingepflanzt, nicht gewässert oder sonstwie gehegt oder gepflegt.

Und so wachsen nun massenhaft Fingerhüte in unserem Garten, dazu Stiefmütterchen, Lichtnelken, Hasenglöckchen, Silberblätter, Mohn- und Sonnenblumen. Angekommen sind sie mit dem Wind, den Vögeln oder vielleicht auch auf dem Rücken des Igels. Und andere, wie die Anemonen und Storchschnäbel, die Kugeldistel und das Lungenkraut, haben sich vermehrt und breiten sich immer weiter aus.

Auch wenn es die Planungen bei der Bepflanzung manchmal erschwert, versuche ich doch, so viele der selbst ausgesäten Blumen wie möglich stehen zu lassen (nur bei den Fingerhüten musste ich durchgreifen, sonst wäre es ein reiner Digitalis-Garten geworden). Denn das Gärtnern mit der Natur – statt gegen sie – schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Nerven: Da die Pflanzen sich ihren Standort selbst ausgesucht haben, kann man davon ausgehen, dass sie sich dort wohlfühlen und auch ohne große Mühe meinerseits wachsen. Viele von ihnen bieten überdies wichtige Nahrung und Lebensraum für Tiere, sind also ideal für einen naturnahen Garten wie den unseren. Nur die Geduld, die brauche ich noch immer.

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